Slowakei legt Vorschlag zu "effektiven Solidarität" vor

Für Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) muss beim Konzept der "effektiven Solidarität" die Frage der Verpflichtung geklärt werden.
Für Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) muss beim Konzept der "effektiven Solidarität" die Frage der Verpflichtung geklärt werden.Reuters
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Bratislava schlägt einen "maßgeschneiderten Solidaritätsbeitrag" in Form von Geld sowie Hilfe bei der "Umsiedelung von Rückkehrern" vor. Sobotka wünscht sich eine verpflichtende Solidarität in der Flüchtlingsfrage.

"Effektive Solidarität" statt "flexible Solidarität": Die Slowakei, die seit 1. Juli bis zum Jahresende die EU-Ratspräsidentschaft innehat, hat nun ihren Vorschlag zu einer alternativen Lastenübernahme bei der Aufteilungen von Asylwerbern auf Papier gebracht. Das berichtete das Nachrichtenportal "Politico" am Donnerstag unter Berufung auf die zweiseitige Diskussionsgrundlage.

Beim EU-Sondergipfel in Bratislava Mitte September hatten die Visegrad-Gruppe (Ungarn, Tschechien, Polen und die Slowakei) bereits das Konzept der "flexiblen Solidarität" präsentiert. Demnach sollen Staaten nicht nur durch die Aufnahme von Asylwerbern beitragen könnten, sondern auch durch Finanzmittel oder die Bereitstellung von Grenzschützern. Details dazu waren bisher nicht bekannt.

Auch das Diskussionspapier der "effektiven Solidarität" liefert den EU-Innenministern für das Gespräch am Donnerstagabend abgesehen von anderen Begriffen wenig Neues. Darin schlägt Bratislava nach Politico-Angaben einen "maßgeschneiderten Solidaritätsbeitrag" in Form von Geld an betroffene Länder oder in den EU-Topf sowie Hilfe bei der "Umsiedelung von Rückkehrern" vor. Einen "Ausnahmemechanismus" soll es demnach für Länder mit einer besonders hohen Anzahl von Flüchtlingsankünften geben. Wie dieser aussehen könnten, gehe nicht aus dem Papier hervor.

"Jeder Mitgliedsstaat wäre Teil der Lösung"

Die EU-Kommission soll nach Wunsch der Slowaken hier wenig zu reden haben: "Jeder Mitgliedsstaat wäre Teil der Lösung, unter der Steuerung des Europäischen Rates. Der Europäische Rat (der Staats-und Regierungschefs, Anm.) sollte in diesem Fall über zusätzlich unterstützende Maßnahmen entscheiden, auf freiwilliger Basis", zitiert das Nachrichtenportal aus dem Papier weiter.

Die EU-Innenminister hatten vor mehr als einem Jahr die Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland mit einer qualifizierten Mehrheit beschlossen. Viele osteuropäischen Staaten lehnen die verpflichtende Aufnahme der Asylwerber kategorisch ab. Sie argumentierten stets, eine Verteilung könnte nur "freiwillig" erfolgen, denn die Mehrzahl der Flüchtlinge würden in Ländern wie Deutschland, Österreich und Schweden leben wollen.

Sobotka wünscht sich verpflichtende Solidarität

Für Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) muss beim Konzept der "effektiven Solidarität" die Frage der Verpflichtung geklärt werden. "Um alle Länder an Bord zu halten" werde man "im ersten Schritt nicht an der Freiwilligkeit vorbeikommen", sagte Sobotka am Donnerstag vor einem Abendessen mit seinen EU-Amtskollegen in Brüssel. Aus österreichischer Sicht sei ihm freilich "die Verpflichtung lieber".

Die Slowakei, die seit 1. Juli bis zum Jahresende die EU-Ratspräsidentschaft innehat, unterbreitete den anderen EU-Staaten am Donnerstag mehr Details zu einem Vorschlag der alternativen Lastenübernahme bei der Aufteilungen von Asylwerbern. Demnach sollen die Mitgliedsländer nicht nur durch die Aufnahme von Asylwerbern beitragen können, sondern auch unter anderem durch Finanzmittel oder die Bereitstellung von Grenzschützern. Das Konzept - auch unter dem Namen "flexible Solidarität" bekannt - wird von mehreren osteuropäischen Staaten unterstützt.

"Das ist ein guter Grundsatz überhaupt einmal die Diskussion in Gang zu setzten, um vielleicht zu einer Kompromissform zu gelangen", sagte Sobotka zu dem neuen Papier der Slowaken. Für das Abendessen erwarte er sich eine "spannende" Diskussion. Auch sei dem Innenminister eine "Europäische Lösung bei weitem lieber, weil ein Alleingang-Situation ist für jedes Land die schlechteste".

"Wir drehen uns schon längere Zeit im Kreis"

Ähnlich äußerte sich sein luxemburgischer Kollege Jean Asselborn: "Wir drehen uns schon längere Zeit im Kreis. Das ist ein Versuch, alle wieder auf eine Linie zu bekommen." Zwar sei er nicht in "allen Punkten einverstanden" mit dem slowakischem Vorschlag, auch brauche der Begriff "Flexibilisierung" präzise Kriterien, gab er zu bedenken. Keine Kompromissbereitschaft gebe es allerdings bei verpflichtenden Charakter der Zusammenarbeit: "Wir müssen ein Papier haben in der Krise, wo es die Freiwilligkeit nicht spielt, wo es obligatorisch ist - das brauchen wir."

Kritik hagelte es wenig überraschend vom italienischen Innenministers Angelino Alfano, dessen Land aktuell am stärksten von der Flüchtlingskrise betroffen ist. "Wir können diesem Vorschlag nichts abgewinnen", erklärte Alfano im Vorfeld des Abendessens. Europa müsse noch alte Beschlüsse umsetzen wie etwa die Umverteilung von 50.000 in Italien angekommen Flüchtlingen, ansonsten "verliere es seine Glaubwürdigkeit".

(APA)

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