Türkei: „EU-Beitritt 2015 wäre zu spät“

Außenminister Ahmet Davutoglu.
Außenminister Ahmet Davutoglu.(c) Reuters (Murad Sezer)
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Außenminister Ahmet Davutoglu übt scharfe Kritik an Zypern und will keine Sanktionen gegen den Iran. Davutoglu begründete dies mit dem Schaden, der der Türkei durch das Embargo gegen Saddam Husseins Irak entstanden ist.

BRÜSSEL. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu hat am Freitag die EU dazu aufgefordert, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beschleunigen. „Ich möchte als Politiker von den Visionen zur Realität kommen. Insofern ist nicht nur ein türkischer Beitritt im Jahr 2050, sondern bereits im Jahr 2015 zu spät“, erklärte Davutoglu bei einer Veranstaltung der Denkfabrik European Policy Centre in Brüssel.

Gleichzeitig kritisierte er die Regierung Südzyperns, weil sie in den Verhandlungen über die Wiedervereinigung mit dem türkischen, international als Staat nicht anerkannten Norden der Insel nur zögerliche Vorschläge für mehr Autonomie für die zypriotischen Türken mache. „Warum teilen die griechischen Zyprioten ihre politischen Rechte nicht mit den türkischen Zyprioten? Das ist die ethische Frage“, sagte der seit Mai amtierende Außenminister.

Ankara verlangt von EU Respekt

Solange die Zypern-Frage nicht gelöst ist, wird die Türkei nicht EU-Mitglied werden. Die türkische Regierung ist sehr verbittert über das Vorgehen der EU, die Südzypern 2004 als Mitglied aufgenommen hat, obwohl die griechischen Zyprioten einen von der EU unterstützten Vereinigungsplan ablehnten, dem die türkischen Zyprioten bereits zugestimmt hatten. Als Vergeltungsmaßnahme gewährt die Türkei seither südzypriotischen Schiffen und Flugzeugen keinen Zugang zu ihren See- und Flughäfen.

Allerdings geht es derzeit und wohl auch in den Jahren über 2015 hinaus nicht darum, ob und wann genau die Türkei Mitglied der Union wird, sondern darum, über die Bedingungen dieses Beitritts zu verhandeln. Mehrere EU-Staaten, allen voran Frankreich, drängen seit einiger Zeit darauf, Ankara eine „besondere Partnerschaft“ anzubieten. Ankara will aber eine Vollmitgliedschaft. „Wir werden alle europäischen Führer stets daran erinnern, dass der Grundsatz ,Pacta sunt servanda‘ (,Verträge sind einzuhalten‘, Anm. d. Red.) Basis der europäischen Werte sind. Ohne Respekt und Selbstverpflichtung sind sie wertlos“, sagte er.

Gegen Iran-Embargo

Der Außenminister erklärte weiters, dass die Türkei Wirtschaftssanktionen gegen den Iran, um ihn vom Bau der Atombombe abzubringen, nicht mittragen würde. „Wir wollen kein nuklear bewaffnetes Land in unserer Nachbarschaft – weder im Iran noch sonstwo. Dagegen muss man Diplomatie, Diplomatie, Diplomatie einsetzen.“ Davutoglu begründete dies mit dem Schaden, der der Türkei durch das Embargo gegen Saddam Husseins Irak entstanden ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2009)

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