Umwege und Rückschläge in Mays Brexit-Kurs

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BRITAIN-EU-POLITICS-BREXIT-SUNSET(c) APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS (DANIEL LEAL-OLIVAS)
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Die britische Regierung verunsichert ihre Wähler. Erfolge feiern deshalb die Brexit-Gegner.

London. Mit einem Überraschungserfolg brachten die britischen Liberaldemokraten bei einer Nachwahl in Südwest-London einen der prominentesten Brexit-Befürworter des Landes um seinen Parlamentssitz. „Das ist der Anfang von etwas ganz Besonderem“, jubelte am Freitag Parteichef Tim Farron, nachdem seine Kandidatin Sarah Olney den bisherigen Abgeordneten Zac Goldsmith besiegt hatte. Während der Milliardärssohn Goldsmith mit seiner Opposition gegen den Ausbau des Flughafens Heathrow für sich warb, präsentierte sich Olney als Stimme der über den Brexit enttäuschten Bürger.

Entsprechend gereizt reagierten die EU-Gegner. „Er möge sich um seine eigenen verdammten Angelegenheiten kümmern“, fauchte der frühere Tory-Sozialminister Iain Duncan Smith in Richtung von Guy Verhofstadt, nachdem der belgische Liberale das Ergebnis als „Hoffnungszeichen“ begrüßt hatte. Verhofstadt wird Verhandlungsführer des EU-Parlaments zum Brexit sein.

Johnson für Freizügigkeit?

Wann und wie es dazu kommt, bleibt weiter unklar. Die Ereignisse dieser Woche illustrierten das Chaos in der Regierung. Zunächst wurde ein Regierungsberater mit einer Notiz fotografiert „Position? Have cake and eat it“, der britischen Redewendung für „Alles auf einmal wollen“. Danach räumte Brexit-Minister David Davis ein, dass Großbritannien für seinen Kuchen zumindest zahlen würde: „Wenn es im Interesse unserer Wirtschaft ist“, sei es vorstellbar, auch für den Zugang zum Binnenmarkt weiter Beiträge an die EU zu leisten. Indes musste Außenminister Boris Johnson mühsam dementieren, dass er vier EU-Botschaftern im Vertrauen gesagt habe, er sei gar nicht für Einschränkungen der Personenfreizügigkeit. Genau das war bisher die einzige Konstante in der britischen Regierungspolitik.

Guter Rat wird da vielleicht vom Höchstgericht kommen: Der Supreme Court verhandelt ab Montag darüber, ob das Parlament im Austrittsprozess ein Mitspracherecht haben soll. May erklärte gestern, sie sei trotz allem zuversichtlich, dass der von ihr angepeilte Beginn der Brexit-Verhandlungen im März 2017 halten werde. Damit ist sie freilich allein. (gar)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2016)

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