EU will Flüchtlinge zurück nach Griechenland abschieben

Ein Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos.
Ein Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos.(c) REUTERS (ALKIS KONSTANTINIDIS)
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Das Dublin-System galt schon als klinisch tot. Nun soll es offenbar Schritt für Schritt wiederbelebt werden.

Der Optimismus kehrt zurück in Sachen Flüchtlingskrise, jedenfalls in der EU-Kommission: „Die Krise ist noch nicht vorüber, aber es ist nicht mehr so wie 2015“, sagte der für Migration zuständige Kommissar Dimitris Avramopoulos am Donnerstag in Brüssel und gab gleich ein starkes Signal: Die Rückschiebung von „Dublin-Fällen“ nach Griechenland soll auf Vorschlag der Kommission (die Mitgliedstaaten müssen freilich zustimmen) Mitte März 2017 wieder beginnen. Also von Asylwerbern, die in Griechenland erstmals EU-Boden betreten haben – wodurch Athen nach dem eigentlich für klinisch tot erklärten Dublin-System zuständig wäre – aber in ein anderes EU-Land weitergezogen sind. Brüssel hatte diese Rückführungen 2011 ausgesetzt, lange vor der Migrationswelle 2015, wegen gravierender Mängel im griechischen Asylsystem und den Bedingungen in den Lagern.

Nun soll das System schrittweise reanimiert werden, auch als Zeichen nach innen und außen, dass die Regeln wieder gelten. In der Praxis, das macht Avramopoulos klar, wird die Maßnahme „sehr wenige Menschen“ betreffen. Sie gilt nämlich nicht rückwirkend, und akut Schutzbedürftige wie etwa unbegleitete Minderjährige sind ausgenommen. Zudem hätten Albanien und Mazedonien, zwei Griechenland benachbarte Transitländer, ihren Grenzschutz deutlich verbessert. Auch der EU-Türkei-Deal funktioniere, so der Tenor in Brüssel. Das sieht auch Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn so, zuständig für Nachbarschaftspolitik. Er beurteilt die Lage überraschend entspannt: „Der Krieg in Syrien geht in sein sechstes Jahr, jeder der fliehen wollte, ist bereits geflohen“, sagte er vor österreichischen Journalisten – obwohl etwa in Aleppo und anderen umkämpften Gebieten Tausende eingeschlossen sind.

Notfalls Sanktionen für Unwillige

Bewegung soll nun auch in die 2015 beschlossene Verteilung von 160.000 Flüchtlingen innerhalb der EU kommen. „Das funktionierte anfangs mehr als schlecht“, sagte Avramopoulos. Bisher konnten nur gut 8000 Flüchtlinge umgesiedelt werden. Knapp 14.000 wurden neu angesiedelt. Er übe ständig Druck auf die Mitgliedsstaaten aus, beteuert der Grieche, als allerletzte Konsequenz könnte man sogar zu Sanktionen greifen: „Derzeit versuche ich es mit Überzeugungsarbeit, doch wir hätten die Werkzeuge dazu.“

„Es gibt aber auch Länder, die wollen Flüchtlinge nehmen, bekommen aber keine“, sieht der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer Probleme auch ganz woanders. Als markantes Beispiel nennt er Portugal: Das Land habe zugesagt, zusätzlich bis zu 10.000 weitere Flüchtlinge aufzunehmen, bisher aber nur 700 zugeteilt bekommen: „In Griechenland stehen Leute mit Tafeln „I want to go to Portugal“, aber das geht nicht, weil die bürokratischen Prozesse nicht funktionieren“, sagt Weidenholzer. Konkret wollte Portugal in zwei weitgehend verlassenen Agrarregionen, Jesiden aus Syrien ansiedeln, die in der Landwirtschaft erfahren seien; die in ihrer Heimat Schafe züchteten und das in Portugal wieder tun sollten: „Das wäre eine win-win-Situation, aber die Griechen berufen sich auf EU-Bestimmungen und sagen, dass man niemanden bevorzugen dürfe“, sagt Weidenholzer und fordert mehr Pragmatismus ein.

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