Brüssel gegen Kürzung von Familienbeihilfe für Zuwanderer

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Die EU-Kommission dürfte Forderungen aus Österreich nach einer Anpassung der Sozialleistungen an Arbeitsmigranten zurückweisen.

Brüssel. Österreichs Regierung dürfte heute, Dienstag, von der EU-Kommission eine Absage in ihrem Bemühen um eine Kürzung der Familienbeihilfe für Arbeitsmigranten erhalten. Laut Berichten des „Kurier“ und der „Welt“ wird die Kommission bei ihren Vorschlägen zur Anpassung des Sozialsystems für Zuwanderer zwar darauf drängen, dass ein Arbeitslosengeld EU-weit erst nach drei Monaten im Gastland ausbezahlt wird. Die Indexierung der Familienbeihilfe für Kinder, die sich nach wie vor im Heimatland befinden, wird dem Vernehmen nach aber nicht unterstützt.

Familienministerin Sophie Karmasin will trotz negativer Signale aus Brüssel weiter um eine Anpassung der Familienbeihilfe an das Preisniveau jenes Landes, in dem sich die Kinder des Migranten befinden, kämpfen. Sie argumentiert, dass Österreich in dieser Frage hauptbetroffen sei. Aus Österreich fließen pro Jahr rund 250 Millionen Euro an Familienleistungen ins Ausland, im wesentlich größeren Deutschland sind es laut Familienministerium lediglich 200 Millionen. Karmasin sowie die ÖVP-Minister Hans Jörg Schelling und Sebastian Kurz hatten deshalb schon im November in einem Brief an die EU-Kommission eine Indexierung dieser Beihilfe gefordert. Aus der SPÖ hatten sich Bundeskanzler Christian Kern und der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl diesem Vorstoß angeschlossen. In Gewerkschaftskreisen ist die Forderung hingegen umstritten. Auch wird eingewandt, dass eine Indexierung möglicherweise dazu führen könnte, dass einigen Zuwanderern künftig sogar eine höhere Familienbeihilfe zustehen würde als bisher. Eine spürbare Entlastung des heimischen Sozialsystems sei deshalb nicht garantiert.

Die EU-Kommission wird, wie der „Presse“ am Montag bestätigt wurde, heute einen Vorschlag zur „Koordinierung der Sozialversicherungssysteme“ vorlegen. Darin dürfte empfohlen werden, dass Arbeitsmigranten aus einem anderen EU-Land erst nach drei Monaten Anspruch auf ein Arbeitslosengeld erhalten sollen. Laut EU-Kommission hatten zuletzt 42 Prozent der Ausländer, die Arbeitslosengeld bezogen, weniger als drei Monate im Zielland gearbeitet. In Österreich gibt es in dieser Frage keinen Anpassungsbedarf. Für den Erstanspruch auf Arbeitslosengeld müssen In- wie auch Ausländer zumindest 52 Wochen (in den zwei Jahren vor der Beantragung) sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben – also über der Geringfügigkeitsgrenze. Für den neuerlichen Antrag reichen 28 Wochen innerhalb des letzten Jahres vor der Antragstellung.

Gleiche Rechte wie Inländer

Die EU-Kommission hat in Sozialfragen nur eine eingeschränkte Zuständigkeit. Allerdings muss sie entsprechend der EU-Verträge gegen eine mögliche Diskriminierung von Arbeitnehmern vorgehen, die aus anderen Mitgliedstaaten zugewandert sind. Im Prinzip haben Arbeitsmigranten innerhalb der EU überall dieselben Rechte wie Inländer. Diese Gleichstellung war zuletzt durch die von Großbritannien vor dem Brexit-Referendum ausgehandelten Sonderregeln aufgeweicht worden. Mit dem Nein der Briten zu einer weiteren Mitgliedschaft ist die Sonderregelung allerdings obsolet. (wb/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2016)

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