Belgier Rompuy soll EU-Ratspräsident werden

Van Rompuy
Van Rompuy(c) REUTERS (FRANCOIS LENOIR)
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Die EU-Granden einigten sich offenbar auf den künftigen Ratspräsidenten. Keinen Konsens gibt es hingegen über den Namen des EU-Außenministers – Diplomaten erwarten schwierige Diskussionen.

Berlin/Wien. Die Lobby des Berliner Hotel Intercontinental glich einem Bienenstock. Ein Regierungschef nach dem anderen kam durch die Drehtüre, und immer richteten sich alle Blicke gleich auf sie. Einer von ihnen, ein älterer, grauhaariger Mann, fiel nicht weiter auf: der belgische Premier Herman van Rompuy. Er soll neuer EU-Ratspräsident werden. Auf den Christdemokraten haben sich die EU-Granden angeblich geeinigt. Das sickerte schon vor den Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin durch.

Van Rompuys größte Stärke: Er gilt als Konsenspolitiker. Da er es geschafft hat, die zerstrittene Koalition in Belgien zusammenzuhalten, wird ihm auch der EU-Chefposten zugetraut. Vor allem die Deutschen und Franzosen hätten sich für ihn eingesetzt, hieß es. Offiziell wollte gestern allerdings niemand Rompuys Namen nennen. Präsentiert werden soll die Personalentscheidung nämlich im „Doppelpaket": Uneinig waren sich die EU-Granden darüber, wer den Posten des „EU-Außenministers" besetzen wird. Dieser Topjob war auch das Hauptthema des feierlichen Dinners im Parkettsaal des Bundeskanzleramts, zu dem Kanzlerin Angela Merkel geladen hatte.

Werner Faymann spielt eine Schlüsselrolle bei der Suche nach dem EU-Außenminister. Europas Proporzsystem sieht vor, dass dieser Posten der Linken zufällt. Und Faymann gehört zum Verhandlungsteam der Europäischen Sozialdemokraten (SPE), die einen geeigneten Kandidaten in Position bringen sollen. Seit Tagen telefoniert der SPÖ-Chef in dieser Angelegenheit mit den beiden anderen Mitgliedern der sozialdemokratischen Troika: mit Spaniens Premier José Luis Zapatero und dem dänischen SPE-Vorsitzenden Poul Nyrup Rasmussen.

Ausgemacht war eigentlich: Da der EU-Ratspräsident aus einem kleinen Land kommt, wird ein „größeres" EU-Land den Außenminister stellen dürfen. Der britische Favorit David Miliband nahm sich zuletzt in einem Telefonat mit Rasmussen offenbar selbst aus dem Spiel. Er soll auf die schwierige Lage seiner Labour-Partei verwiesen haben. Wenn Miliband nämlich nach Brüssel ginge, müssten in seinem Bezirk Nachwahlen stattfinden. Und diese erwartbare Schlappe will er seiner Partei vor den Parlamentswahlen ersparen.

Griechin als Kompromiss?

Am Montag sollte der britische Premier Brown in Berlin zunächst bekniet werden, Miliband trotz aller Widrigkeiten ziehen zu lassen. Als britische Ersatzoption wurde zuletzt Baroness Catherine Ashton ins Spiel gebracht. Doch die derzeitige EU-Handelskommissarin ist außenpolitisch unerfahren.

Bessere Karten hat Italiens Ex-Chefdiplomat Massimo D'Alema, der auch die volle Unterstützung der Mitte-rechts-Regierung in Rom hat. Die kommunistische Vergangenheit des Linksdemokraten ist allerdings den Osteuropäern ein Dorn im Auge.

Schwierig für die EU-Granden wird es, wenn sowohl Miliband als auch D'Alema keine Option mehr sind. Als Kompromisskandidatin könnte dann die griechische Ex-EU-Kommissarin Anna Diamantopoulou zum Zuge kommen.

Weniger gute Chancen soll der französische Ex-Außenminister Hubert Vedrine haben: Dann müsste Paris einen gewichtigen Kommissar zurückziehen. Möglich wäre, dass ein kleineres EU-Land auch den EU-Außenminister stellt. Dass Alfred Gusenbauer den prestigereichen Posten erhalten könnte, ist aber unwahrscheinlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2009)

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