Kuschelkurs beim Auftakt zum "Europa-Dialog"

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Kanzler Faymann und Minister Spindelegger stellten sich beim "Europa-Dialog" in St. Pölten den Fragen des Volkes. Und gingen auf Kuschelkurs. Van Rompuy und Ashton? Nie gehört beim EU-Dialog.

„Natürlich war's falsch, dass ich bei der Eröffnung des Europahauses nicht hingegangen bin. An sich ist es ja schön, wenn man auffällt, dass man fehlt, aber das nächste Mal bin ich dort.“ So europafreundlich hat sich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) selten öffentlich präsentiert wie am Montagabend in der Fachhochschule St. Pölten. Anlass war der Auftakt zur Diskussionsreihe „Europa-Dialog“ von Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP).

Uni-Zugang: Für EU-Lösung

Und Faymann kam den 300 Gästen, darunter vielen Studenten und Schülern, weit entgegen: Mehr EU-Bildung an den Schulen könne er sich gut vorstellen. Und an den Universitäten müsse man ausreichend Studienplätze bieten. Statt nationaler Hürden für EU-Ausländer brauche man eine europaweite Lösung. Ob diese in Ausgleichszahlungen durch die Herkunftsländer ausländischer Studenten liegen könnte, ließ er offen.

Es war ein Abend der Harmonie – mit der EU und zwischen Kanzler und Außenminister, so schien es. Die Europa-Granden der Regierung, ziehen sie plötzlich an einem Strang? Von der EU als „eingebautem Selbstzerstörungsmechanismus dieser Regierung“, wie Moderator und ORF-Niederösterreich-Chefredakteur Richard Grasl es in den Raum stellte, jedenfalls keine Spur.

Mit Faymann verfolge er eine „unaufgeregte, immer perfekt abgestimmte EU-Politik“, versicherte Spindelegger. „Ich bin sehr froh, dass es mit dem Außenminister für Österreich in eine angenehme Zusammenarbeit gibt, auch weil man sich persönlich gut versteht“, lobte Faymann. Und bewusst zum „Du“ übergehend: „Danke für deine Veranstaltung.“

Kuschelkurs kommt an

Dem Publikum aus Schülern, Studenten, aber auch Politikern und Unternehmern gefiel es großteils gut. „Der Kuschelkurs in Sachen EU kommt an“, sagte Barbara Rieder, 28, Studentin der Sozialarbeit an der FH St. Pölten, zur „Presse“. „Der direkte Kontakt zu den Bürgern ist bei der EU-Aufklärung unerlässlich, weil die EU-Beteiligung sonst eher auf Emotionalität als auf Fakten begründet ist“, meinte Studienkollegin Marina Schmidberger, 29.

Vom Sozialen über die Umwelt bis zur Finanzkrise spannte Faymann den Bogen. Um solche „Challenges“ zu bewältigen, seien die häufigen Treffen der Staats- und Regierungschefs wichtig. Sie hätten „eine „Qualität an sich“, sagte der Kanzler. Mühe hatte er, die Wahl der neuen „EU-Außenministerin“ Catherine Ashton und des Ratspräsidenten Herman Van Rompuy durch die Regierungschefs in der Vorwoche zu verteidigen.

„Wer hat Van Rompuy oder Asthon vor einem Jahr gekannt“, fragte Grasl. Keiner wollte aufzeigen. Kopfschütteln quer durch die Reihen in St. Pölten. Spindelegger zur Wahl der fast Unbekannten: „Die beiden Ämter gab es noch nie, man darf nicht davon ausgehen, dass schillernde Figuren, Lichtgestalten kommen, sondern das war ein Kompromiss.“

Für Direktwahl in EU-Jobs

Sogar eine Direktwahl der Amtsinhaber für den „EU-Außenminister“ und den Ratspräsidenten wollten Kanzler und Minister mittelfristig nicht ausschließen. „Vielleicht bei der nächsten Bestellung“, stellte Spindelegger in Aussicht. „Wenn wir es schaffen, auch stärker diese europäischen Persönlichkeiten vorzustellen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2009)

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