Regional-Kommissar verwaltet zweitgrößten EU-Topf

Sollte Johannes Hahn wirklich EU-Kommissar für Regionalpolitik werden, verwaltet er künftig ein Budget von 347 Milliarden Euro.

Mit dem Ressort für Regionalpolitik für den künftigen EU-Kommissar Johannes Hahn würde Österreich eine Überraschung an Land ziehen. Das Portfolio ist nach Budgetmitteln hinter der Landwirtschaft der zweitgrößte Posten in der EU: Hahn verwaltet künftig ein Budget von 347 Milliarden Euro, die im EU-Finanzrahmen von 2007 bis 2013 dafür veranschlagt sind. Das entspricht etwa 36 Prozent des gesamten EU-Mehrjahreshaushalts für diese Periode. Gegenüber früher hat die Regionalpolitik stets an Volumen im Vergleich zur Agrarpolitik zugelegt.

Zu den wichtigsten Empfängerländern gehören die strukturschwachen neuen EU-Staaten in Mittel- und Osteuropa. Gerade in Zeiten der Krise sind die Strukturfonds ein wichtiges Instrument der EU, um Beschäftigung und Wachstum zu schaffen. Mit den EU-Strukturmitteln werden nicht nur mehrere zig-tausende Kilometer an neuen Autobahnen finanziert, auch die Bereitstellung von Risikokapital an kleine und mittlere Unternehmen, Umwelt- und Energieprojekte, der Ausbau des Tourismus und Stadtentwicklungsprogramme werden aus diesem Topf von der EU mitfinanziert, in der Regel mit Co-Finanzierung der Staaten. Experten zufolge hat die EU-Regionalpolitik seit 2000 zur Schaffung von etwa 600.000 Arbeitsplätzen in der EU beigetragen.

Für den Österreicher Hahn dürfte bei der Entscheidung Barrosos auch eine Rolle gespielt haben, dass Österreich traditionell gute Beziehungen zu den osteuropäischen Staaten aufweist und als "ehrlicher Makler" in dieser Frage gilt.

1,46 Milliarden Euro aus dem EU-Regionaltopf für 2007 bis 2013 gehen laut Schätzungen übrigens nach Österreich. Das ehemals strukturschwache Ziel-1-Gebiet Burgenland sowie die Steiermark und Niederösterreich sind in Österreich Spitzenreiter bei der EU-Regionalförderung. Projekte in Güssing zur Förderung erneuerbarer Energien im Ausmaß von über 47 Millionen Euro gelten als "Musterbeispiele" in Österreich.

Hahn übernimmt den Posten von dem erst seit Juni amtierenden polnischen EU-Kommissar für Regionalpolitik, Pawel Samecki. Beim Beschluss des EU-Finanzrahmens 2005 konnten die mittel- und osteuropäischen EU-Staaten eine leichtere Abrufung der Mittel durchsetzen. Allerdings hat auch der EU-Rechnungshof immer wieder das Versickern von EU-Strukturgeldern in dunklen Kanälen bemängelt. Mindestens elf Prozent des Gesamterstattungsbetrags von 24,8 Milliarden Euro hätten im Jahr 2008 nach Einschätzung der Rechnungsprüfer nicht wegen Unregelmäßigkeiten ausgezahlt werden dürfen.

Ziele der EU-Regionalpolitik sind der Zusammenhalt (Konvergenz) innerhalb der EU, die Wettbewerbsfähigkeit, die Beschäftigung und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Vom Kommissar für Regionalpolitik wird auch der "Solidaritätsfonds" verwaltet, den EU-Staaten bei Naturkatastrophen in Anspruch nehmen können. Nach den Überschwemmungen im Jahr 2002 hat Österreich selbst 134 Millionen Euro an Unterstützung aus dem EU-Fonds erhalten.

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