Schuldenkrise: Euro verliert weiter an Wert

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Der Euro wertet ab, der Internationale Währungsfonds klopft an Athens Tür, und im Hintergrund warten die Chinesen: Griechenlands Krise stellt die Währungsunion vor schwere Probleme.

BRÜSSEL. „Europas umkämpftes Währungssystem wurde heute erneut erschüttert“, begann die „New York Times“ ihren Bericht über die Probleme von Portugal und Spanien. „In Zeiten einer sich vertiefenden europäischen Rezession“ würden die iberischen Nöte „neue Zweifel an den Plänen der Europäischen Gemeinschaft, engere wirtschaftliche Bande zu schmieden“, wecken.

An diesem Befund kann man nichts bemängeln – auch nicht knapp 17 Jahre nach seinem Erscheinen am 14.Mai 1993. Die Gründe, welche damals Zweifel am Entstehen der Währungsunion genährt haben, sind genau dieselben, die heute ihr Zerbrechen befürchten lassen. Verschleppte Strukturreformen, aufgeblähte Beamtenapparate, zu hohe Verschuldung von Staat und Bürgern, Verlust der Konkurrenzfähigkeit mit den niedrigen Löhnen der „Tigerstaaten“ Südostasiens beschrieben damals die Lage des „Club Med“, in dem sich Spanien, Portugal und Griechenland fanden.

Einziger Unterschied: Damals konnte man sich durch eine Abwertung von Escudo, Peseta oder Drachme wieder konkurrenzfähig machen. Allein zwischen September 1992 und Mai 1993 hatte Portugal zweimal abgewertet und Spanien dreimal.

Märkte wittern Geheimplan

Das spielt es in der Währungsunion nicht mehr. Und darum steht jetzt nicht nur Griechenland mit dem Rücken zur Wand, sondern die ganze Eurozone. Trotz der Ankündigung der Europäischen Kommission vom Mittwoch, Athens Staatshaushalt gleichsam unter Kuratel zu nehmen und parallel dazu erstmals die verschleppten Strukturreformen penibel zu kontrollieren, verlor der Euro am Donnerstag weiter an Wert. Zudem war es noch nie so teuer, sich gegen den Ausfall portugiesischer und griechischer Staatsanleihen zu versichern. Denn die Finanzmärkte haben wenig Vertrauen in das Athener Stabilitätsprogramm.

Zudem wittert man an den Märkten, dass die Kommission ein geheimes Rettungsprogramm für Griechenland vorbereitet, zum Beispiel durch die erstmalige Begebung gemeinsamer Euro-Anleihen. Das hieße, dass Länder mit stabileren Staatsfinanzen wie Deutschland und Österreich für die Unvernunft vergangener griechischer Regierungen haften würden. An dieses politische Pulverfass will derzeit noch niemand eine glimmende Lunte legen.

Dreifacher Nutzen des EU-Plans

Doch obwohl die markigen Ankündigungen der Kommission die Märkte nicht beruhigen, haben sie einen dreifachen Sinn. Erstens machen sie den anderen säumigen Mitgliedern des „Club Med“ den Ernst der Lage bewusst. Es ist kein Zufall, dass der portugiesische Finanzminister just am Tag nach der Ankündigung der Kommission versprach, die Sanierung seines Landes werde „nicht weniger ehrgeizig sein als die Griechenlands“.

Zweitens wäre das koordinierte Überwachen der Athener Reformen, das die Kommission den EU-Finanzministern nahelegt, ein Zeichen der Selbstbehauptung gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und jenen Stimmen vor allem in den USA, die dem Euro von Anfang an keine Chance gegeben haben. „Wir sind da, um zu helfen“, sagte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn am Donnerstag. Diese Schmach möchte man sich in Brüssel, Berlin und Paris ersparen.

Drittens dient ein gleichsam von der EU verordnetes Reformprogramm als innenpolitischer Blitzableiter für die griechische Regierung. Denn die steht mächtig unter Druck der Gewerkschaften. Schon am Donnerstag verließen Dutzende Beamte das Finanzministerium in Athen, am 24.Februardroht ein Generalstreik.

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Und was, wenn Griechenland vom Reformpfad abweicht? Diese Frage stellt sich eigentlich nicht. Denn diesfalls wird Athen keine Käufer mehr für seine Anleihen finden – oder nur einen: China. Gerüchte, Athen habe die Investmentbank Goldman Sachs beauftragt, Anleihen im Wert von 25Mrd. Euro an Peking zu verkaufen, kursieren seit Tagen. Unter Kuratel der Union oder Schuldner von Chinas Staatsfonds zu sein – diese Entscheidung dürfte Athen leichtfallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2010)

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