Die ungarische Ratspräsidentschaft hat in der Eingangshalle des EU-Ratsgebäudes einen Teppich von Großungarn 1848 ausgelegt. Vor allem gegen Österreich und die Slowakei stellt dies einen Affront dar.
Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft hat einen Teppich von Großungarn in der Eingangshalle des Ratsgebäudes auslegen lassen. Der 202 Quadratmeter große "historische Teppich" besteht aus zahlreichen Motiven. Darunter auch eine Karte - sie zeigt die im Jahr 1848 vom ungarischen Königreich beherrschten Länder: Die Slowakei, Kroatien, Teile Serbiens, Rumäniens und Teile Österreichs gehörten vor dem im Jahr 1920 geschlossenen Trianon-Friedensvertrag zu Großungarn.
Nationalistisches Ungarn lebt auf
Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft steuert somit nach der Einführung des international kritisierten Mediengesetzes sowie der Sondersteuern gegen ausländische Unternehmen in die nächste europaweite Kontroverse. Ein Sprecher der ungarischen Ratspräsidentschaft betont jedoch: "Es gehe nicht um nostalgische Erinnerungen".
Die Auslegung des "historischen Teppichs" kann als nationalistischer Akt der nationalkonservativen ungarischen Fidesz-Regierung unter Premier Viktor Orbán gewertet werden - pflegt er doch seit Jahren den Mythos des ehemaligen Großungarns.
Seitenhieb gegen Österreich
Insbesondere gegenüber den damals zu Ungarn gehörenden Ländern - Slowakei, Kroatien, Serbien (Vojvodina), Rumänien (Siebenbürgen) und Österreich (Burgenland) ist der Teppich im EU-Ratsgebäude eine offene Provokation. Die Magyaren führten einst gegen die Angehörigen dieser Länder kriegerische Auseinandersetzungen in ihrem Königreich.
Abgesehen davon erinnert die auf den Teppich befindliche Jahreszahl 1848 an die blutige Niederschlagung des Ungarn-Aufstandes gegen die Habsburger-Monarchie durch Österreich in den Jahren 1848/49. Letztlich endete dies im österreichisch-ungarischen Ausgleich - von den Magyaren wird das nach wie vor als Schmach gegenüber Ungarn überliefert.
"Grenzen abbauen und nicht bedauern"
"Der Teppich spiegelt die derzeitige Fidesz-Politik wider, die Träume von Großungarn aufleben lässt", kritisiert die grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek. Der rumänische EU-Abgeordnete Ioan Mircea Paşcu wies auf der Internet-Plattform "euobserver.com" darauf hin, dass die EU-Staaten heute "Grenzen abbauen und nicht bedauern" sollten, dass es frühere Grenzen nicht mehr gibt.
"Unfair" - Ungarn wehrt sich
Ein Sprecher der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft, Marton Hajdu, wies die Anschuldigungen zurück und betonte, es wäre "unfair", einen Bezug zur Gegenwart herzustellen. "Der Teppich ist einfach eine Zeitreihe von kulturellen, historischen und wissenschaftlichen Symbolen und Bildern Ungarns: Könige, alte Artefakte, Auszüge aus der Enzyklopädie, die Karte der Region von 1848 - dem Jahr des 'Frühlings der Nationen', als überall in Europa Revolutionen stattgefunden haben", sagte er.
Trianon-Trauma
Infolge des Friedensvertrages von Trianon im Jahr 1920 musste Ungarn zwei Drittel seines Territoriums und drei Millionen seiner Bürger an seine Nachbarländer abtreten. Dieses Trauma hält bis heute an. Die ungarische Regierung hat allen Auslands-Magyaren nun einen ungarischen Pass angeboten. Sie können seit 1. Jänner die ungarische Staatsbürgerschaft erlangen. Dieses Gesetz wurde von einigen der EU-Partner heftig kritisiert.