Flugdaten: EU sammelt keine Daten über Bord-Essen

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EU-Kommissarin Malmström will die Datennutzung EU-weit vereinheitlichen. Die Behörden sollen keinen Zugriff auf die Datenbanken der Fluglinien erhalten. Die Datensätze sollen von den Airlines geliefert werden.

Brüssel. Nach vier Jahren hat die Europäische Kommission am Mittwoch einen neuen Versuch gestartet, die Verwendung der Daten von Fluggästen zur Jagd nach Terroristen und schweren Verbrechern EU-weit einheitlich zu regeln.

Wer einen Flug bucht, gibt seiner Airline zahlreiche persönliche Informationen preis, für die sich auch Polizei und Verfassungsschutz interessieren: neben Namen, Adresse, Kreditkartennummer und Handynummer auch scheinbar Harmloses wie besondere Wünsche betreffend des Essens an Bord. Doch wer erklärt, kein Schweinefleisch essen zu wollen, legt den Schluss nahe, Moslem zu sein – vor allem, wenn er einen orientalischen Namen trägt. Durch die Wahl eines Halal-Menüs könnten somit auch unbescholtene Flugpassagiere ins Fadenkreuz der Behörden gelangen und Schwierigkeiten beim Reisen bekommen.

Um das zu verhindern, schlägt die EU-Kommissarin für Inneres Cecilia Malmström vor, dass Daten, die Aufschluss über die ethnische Herkunft, die politische Einstellung oder religiöse Überzeugungen geben, „in keinem Fall“ an die Behörden der EU-Staaten übergeben werden dürfen.

Reges Interesse der USA

Die Behörden sollen auch keinen Zugriff auf die Datenbanken der Fluglinien erhalten, sondern die Datensätze („Passenger Name Records“, kurz PNR genannt) sollen von den Airlines geliefert werden. 30 Tage nach Erfassung sollen die Daten anonymisiert und später nur dann wieder einem Menschen zugeordnet werden, wenn gegen ihn konkret ermittelt wird. Nach fünf Jahren sollen auch die anonymisierten Daten gelöscht werden. Die Kommission macht diesen Vorschlag vor dem Hintergrund intensiver Verhandlungen mit den USA, Australien und Kanada über neue Abkommen zu gegenseitiger Übermittlung von PNR. Wer in diese Länder reisen will, dessen Flugdaten werden schon jetzt an die jeweiligen Behörden übermittelt.

Im Gespräch mit der „Presse“ bemühte sich eine hohe US-Beamtin darum, Sorgen vor einem Missbrauch der Daten europäischer Bürger zu zerstreuen: „Die Wahl von Halal-Essen wird herausgefiltet. Wir haben das nie verwendet.“ Jede dritte Person, die wegen Terrorismusverdachts die Einreise in die USA verweigert werde, werde aufgrund von PNR gefunden. Und auch im Nachhinein seien diese Daten sehr hilfreich. So sei Faisal Shahzad, der im Oktober 2010 wegen seines Anschlagsversuchs auf dem New Yorker Times Square zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, aufgrund seiner Flugbuchung aufgespürt worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2011)

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