Cohn-Bendit: "Deutsch-französischer Putsch" in EU

Daniel Cohn-Bendit
Daniel Cohn-Bendit(c) REUTERS (Robert Pratta)
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Der deutsche Grünen-Fraktionschef im EU-Parlament kritisiert, dass die europäische Wirtschaftsregierung kein deutscher Alleingang sein dürfe.

Als "deutsch-französischen Putsch" in der EU hat der Grünen-Fraktionschef im EU-Parlament, Daniel Cohn-Bendit, am Mittwoch den Vorstoß von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy für einen europäischen "Wettbewerbspakt" bezeichnet. Obwohl die Grünen, die Idee prinzipiell unterstützen, könne eine europäische Wirtschaftsregierung nicht allein eine deutsche Wirtschaftsregierung sein, sagte Cohn-Bendit am Mittwoch in Brüssel. Mit dem EU-Parlament sei der "Pakt" überhaupt nicht besprochen worden. Cohn-Bendit glaubt nicht, dass sich am Ende in dem "Pakt" auch eine europaweite Regelung für Pensionen wiederfinden wird.

Der Chef der Liberalen-Fraktion (ALDE), Guy Verhofstadt, forderte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso auf, in Bezug auf eine Wirtschaftsregierung selbst initiativ zu werden. "Das Fehlen solcher Vorschläge kann nur dazu führen, dass manche Mitgliedsländer glauben, dass es besser ist, es selbst zu machen, wie die jüngsten deutsch-französischen Vorschläge treffend zeigen." Es sei "höchst an der Zeit", dass die EU-Kommission ein globales und kohärentes Paket zur wirtschaftlichen Steuerung der Eurozone vorlege. "Diese Initiative muss von ihrem Präsidenten kommen, in enger Abstimmung mit den zuständigen Kommissaren." Sie müsse sich auf das vertraglich festgeschriebene Initiativrecht der EU-Kommission gründen, der Zugang müsse umfassend und nicht schrittweise sein.

"Französisch-deutsche Blackbox"

Cohn-Bendit bezeichnete die Einigung des EU-Gipfels, bis Ende März ein Gesamtpaket auszuarbeiten als französisch-deutsche "Blackbox", von der niemand wisse, welche Inhalte sich darin finden werden. Die grüne Ko-Vorsitzende Rebecca Harms sagte, es sei bemerkenswert, dass der Gipfel über keine konkreten Vorschläge beraten habe, obwohl unter Journalisten deutsch-französische Papiere für den Wettbewerbspakt kursierten. Merkel wolle offenbar auch in Deutschland den Eindruck erwecken, dass sie gute deutsche Standards in Europa "predigen" könne.

Zuvor hatte bereits der sozialdemokratische Fraktionsvize Hannes Swoboda gefordert, in einem Wettbewerbspakt auch das Ziel einer Sozialunion zu verankern. "Weder ist ein 'Diktat aus Brüssel', also durch die EU-Kommission, angebracht, noch sollen sich die Großen der EU einbilden, sie könnten den Kleinen deren Wirtschaftspolitik im Detail vorschreiben." Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) habe "mit Recht hingewiesen, dass Lohn- und Gehaltspolitik zwar im Euroraum aufeinander abgestimmt, aber deswegen nicht zentralisiert und den Sozialpartnern aus der Hand genommen werden soll. Wir brauchen in Europa keine Schwächung, sondern eine Stärkung der Sozialpartnerschaft und vor allem eine stärkere Koordinierung der Lohnpolitik durch die Gewerkschaften selbst", forderte Swoboda.

Die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Länder wollen bei einem Sondergipfel am 13. März Grundzüge des Wettbewerbspaktes diskutieren. Der Sondergipfel soll eine Einigung beim anschließenden Treffen der EU-Chefs am 24. März vorbereiten.

(APA)

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