Währungsunion: Dänemark zieht es zum Euro

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Das Wettbewerbspakt der deutschen Bundeskanzlerin Merkel bringt Dänemarks Regierung nun unter Zugzwang: Will sie die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union mitgestalten, muss sie den Eurobeitritt forcieren.

Kopenhagen. Der von Deutschland und Frankreich lancierte „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ bringt die dänische Regierung in Zugzwang. Sie ist zwar weitgehend einig mit den Zielen des Abkommens, das die Stabilität des Euro sichern soll, selbst kann sie dabei aber keine wesentliche Rolle spielen. Denn die Dänen haben sich bisher gegen den Euro ausgesprochen: In zwei Referenden haben sie den Beitritt zur Währungsunion abgelehnt. „Ich habe keine Ambition, Dänemark durch die Hintertür in die Eurozone zu führen“, versichert Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen und denkt nun laut über eine neue Volksabstimmung nach, die mit der Abseitsposition der Dänen in der EU Schluss machen soll.

Diese ist ein Überbleibsel aus dem Jahr 1992, als die dänischen Wähler mit ihrem „Nej“ den Nizza-Vertrag der Europäischen Union blockiert haben. Um das Abkommen zu retten, gestanden die anderen EU-Länder den Dänen vier „Opt-out-Klauseln“ zu, von denen drei immer noch relevant sind: Dänemark nimmt nicht an der überstaatlichen Justizzusammenarbeit teil, nicht an der EU-Militärkooperation und nicht an der Währungsunion. Das Nein zum Euro bestätigten die Wähler 2000 in einem weiteren Referendum. Die übrigen Vorbehalte aber gelten mehr und mehr als unzeitgemäße Hindernisse für internationale Kooperationen. Die Klauseln behindern Kopenhagen bei der Teilnahme an EU-Friedensmissionen, bei der Piratenbekämpfung, bei der europaweiten Antiterror-Politik und der Abstimmung der Asylpolitik.

Die linke Opposition drängte die Regierung immer wieder, die Militär- und Rechtsvorbehalte durch neue Abstimmungen aufheben zu lassen. Umfragen lassen dafür klare Mehrheiten erwarten, solange Dänemark seine strengen Asylregeln beibehalten kann. Die liberale Regierung aber will alle Klauseln in einem Referendum bündeln und daher die Wähler erst befragen, wenn sich auch ein Ja zum Euro abzeichnet. Das war bisher nicht der Fall. Durch den neuen Wettbewerbspakt ändere sich die Ausgangslage, meint nun Rasmussen. Zudem hat Dänemark im ersten Halbjahr 2012 die EU-Präsidentschaft und wäre stark behindert, wenn man den Debatten zur stärkeren wirtschaftlichen Koordination fernbleiben müsste. „All das macht es relevant zu überlegen, ob wir unser Verhältnis zur EU nicht modernisieren sollten“, sagt der liberale Ministerpräsident.

Referendum vor dem Sommer?

Rasmussen schwebt ein Referendum vielleicht noch vor dem Sommer vor, was von allen übrigen Parteien und politischen Kommentatoren als völlig unrealistisch bezeichnet wird: Eine solche Debatte könne nicht in wenigen Monaten durchgepeitscht werden. Spätestens im November muss in Dänemark ein neues Parlament gewählt werden, und Rasmussen würde riskieren, dass sich die Wähler bei einer Volksabstimmung gegen ihn und sein unpopuläres Kabinett wenden, statt sachlich zur Europapolitik Stellung zu nehmen. Die bisherigen dänischen Nein-Voten wurden stets durch angeschlagene Regierungen mitverursacht.

Die dänische Zwickmühle jedoch bleibt: Wie soll man sich zum Wettbewerbspakt verhalten, ohne der Eurozone anzugehören? Nach dem bisherigen Konzept sollen gemeinsame Ziele für eine gesetzliche Schuldenbremse, die Anhebung des Pensionsalters, die Anpassung der Löhne an die Produktivität und eine Angleichung der Steuern gefunden werden. Das meiste deckt sich zwar mit den eigenen Reformplänen der Kopenhagener Regierung. Eine Einmischung der EU in die heimische Steuer- und Sozialpolitik aber zählt zu den absoluten Tabus der dänischen Politik. Will man den Einwänden Gehör verschaffen, muss man daher am Verhandlungstisch sitzen.

Rasmussen könnte die Parlamentswahlen auf einen Frühlingstermin vorziehen, dann wäre der Herbst frei für die Abrechnung mit den EU-Vorbehalten. Dies ist allerdings eine Rechnung mit vielen Unbekannten: Laut Umfragen sind 45 Prozent für und 42 Prozent gegen die Aufhebung der Opt-out-Klauseln.

Auf einen Blick

Dänemark hat noch immer seine Krone. Ein Eurobeitritt wurde im Jahr 2000 von 53,2 Prozent der Wähler abgelehnt. Jetzt bereitet die Regierung ein neues Referendum vor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2011)

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