"Strassers Verteidigung ist Nonens"

Der "Sunday Times" Journalist Calvert erzählt im "ORF", wie er als falscher Lobbyist den EU-Abgeordneten Strasser zu Fall brachte.

"Ernst Strasser ist schlau." Diese Meinung vertritt der "Sunday Times" Journalist Jonathan Calvert in der ORF-Sendung "Report", die am Dienstag (21.05 Uhr) ausgestrahlt wird. Der Chef des Undercover-Reporter-Teams, das den mittlerweile zurückgetretenen EU-Abgeordneten zu Fall brachte, sprach in London über die Hintergründe des Berichtes. Am Dienstag wurden im Ö1 Morgenjournal erste Auszüge des Interviews veröffentlicht.

Die Verteidigungslinie Strassers, wonach er nur zum Schein auf die Lobbyisten eingegangen sei, um Beweise zu sammeln, hält Calvert für "völligen Nonsens." Der Journalist und seine Kollegin Clare Newell hätten sich rund sechsmal in verschiedenen Hotels und Restaurants in Brüssel, Straßburg und London mit dem ÖVP-Politiker getroffen. "Wir haben ihn immer wieder gefragt, ob er für uns Gesetzesänderungen einbringen würde und er sagte: Natürlich", so Calvert in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten".

Strasser habe mehrmals bestätigt, ein Lobbyist zu sein. Er habe gesagt, der Job als EU Parlamentarier und Lobbyist lasse sich sehr leicht vereinbaren. Die Arbeit im EU Parlament eröffne ihm viele Türen. Laut Calvert war Strasser jedoch sehr achtsam in seiner Vorgehensweise. "Er sagte ja selbst, Lobbyisten haftet ein gewisser Geruch an, und bei mir ist das auch der Fall. Deshalb müsse man vorsichtig sein."

Rücktritt als persönlicher Erfolg

Dass in Folge seines Artikels sowohl Strasser als auch der slowenische EU-Abgeordnete Zoran Thaler zurückgetreten sind, wertet Calvert auch als persönlichen Erfolg. Es sei ein erster Schritt, damit gewählte Gesetzesvertreter und nicht Lobbyisten Gesetze machen.

Die Enthüllungsjournalisten hatten sich gegenüber mehreren Europaabgeordneten als Lobbyisten ausgegeben und ihnen jeweils 100.000 Euro für das Einbringen von Gesetzesvorschlägen angeboten. 14 Europaparlamentarier hätten sich mit den Journalisten getroffen. Konkret auf das Angebot eingestiegen sind nach Angaben der Zeitung Strasser, Thaler und der rumänische Abgeordnete Adrian Severin.

Nach Calverts Meinung ist das Europäische Parlament im Umgang mit Lobbyisten "auf einem Auge blind". In Zukunft seien strengere Regeln und mehr Transparenz notwendig und Lobbyisten müssten offenlegen, für wen sie arbeiteten und wie sie finanziert würden. Bei Nebenbeschäftigungen müsse viel konsequenter als bisher darauf geachtet werden, Interessenskonflikte mit der Arbeit als Parlamentarier zu vermeiden.

(APA)

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