Hella Ranner: Mit Firmeninsolvenz in politische Pleite

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TUNNELANSTICH F�R DEN KORALMTUNNEL(c) APA/MARKUS LEODOLTER (Markus Leodolter)
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Die Karriere der Grazerin als EU-Mandatarin ist nach nur zwei Jahren zu Ende. Am Anfang der Causa stand eine Insolvenz und eine Anzeige.

Viel Zeit hatte Hella Ranner nicht, sich in Brüssel einen Namen zu machen. Die steirische Europaabgeordnete und ÖVP-Politikerin machte zuletzt mehr durch die Insolvenz ihrer Firma von sich reden als durch ihre politische Arbeit. Ranner musste am Dienstag auf Druck ihrer Partei zurücktreten, nachdem der "Kurier" berichtet hat, dass Ranner ihre Schulden mit EU-Spesenersatz tilgen wollte. Ihr Rücktritt markiert einen neuen Höhepunkt in einer schweren Personalkrise, die die ÖVP-Delegation in Brüssel seit der Bestechungsaffäre um den Ex-Innenminister Ernst Strasser gestürzt ist.

Von 1974 bis 1976 arbeitete Ranner in der Marketingabteilung der Skischuhfabrik Dynafit GmbH in Graz. Darauf wurde sie Universitätsassistentin an der Juridische Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz am Institut für Verfassungsrecht. Es folgte eine Tätigkeit als Referentin im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes Wien. 1982 machte sie sich als Rechtsanwältin selbstständig.

Zur Politik kam Ranner über die Stadt Graz. Sie war von 1988 bis 1996 Gemeinderätin der Stadt und kurzzeitig auch Präsidentin der Grazer Messe. Von 1982 bis September war sie als Rechtsanwältin mit Schwerpunkt im Bereich Wirtschaft tätig und betrieb ihre Firma für Consulting und Mediation.

Die am 10. Mai 1951 in Graz geborene studierte Juristin zog 2009 ins EU-Parlament als zweite Frau neben Elisabeth Köstinger in der ÖVP-Delegation ein. Als Europaabgeordnete war Ranner vor allem im EU-Verkehrsausschuss aktiv. Dort setzte sie sich unter anderem für eine höhere EU-Förderung für Semmering- und Koralmtunnel, einen Ausbau des Baltisch-Adriatischen Bahnkorridors und eine Senkung der Preise für slowenische Autobahnvignetten ein.

Seit 2010 ist sie stellvertretende Leiterin der Steirischen Frauenbewegung und Vizepräsidentin der Europäischen Seniorenunion. Ranner ist verwitwet, sie war mit einem Grazer Strafrichter verheiratet. Aus dieser Ehe hat sie zwei Stiefsöhne, die mittlerweile erwachsen sind.

Firma in die Insolvenz geschlittert

Ranner war im Vorjahr über ihre Beteiligung an einer Sanierungsfirma in die Insolvenz geschlittert. Zu Jahresbeginn wurde am Landesgericht Graz ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Die Überschuldung wird mit über 3,5 Mio. Euro angegeben. Ranner ist an der 1989 gründeten Revita Beteiligungs- und Beratungsgesellschaft m.b.H. beteiligt, die in Schwierigkeiten geratene Unternehmungen ganz oder teilweise erwerben und nach Sanierung mit Gewinn wieder verkaufen sollte. Die Staatsanwaltschaft Graz nahm kurz darauf Ermittlungen gegen Ranner wegen Betrugsverdachts auf.

Die Anwaltskanzlei SCWP warf ihr in einer Anzeige vor, die Kanzlei um einem Gesamtbetrag von zumindest 356.276,62 Euro geschädigt zu haben - "vornehmlich durch erschlichene Prämien und ungerechtfertigt erstellte Honorarforderungen" zwischen 2006 und 2008. Außerdem soll sich die nunmehr zurügetretene Abgeordnete "ohne jede Grundlage oder Genehmigung der Mitgesellschafter" Beträge in Höhe von 90.000 Euro überwiesen haben. Ranner wies die Betrugsvorwürfe als falsch von sich. "Ich bin entsetzt, über die Medien informiert zu werden. Bisher hat mir niemand den Anzeigetext zur Kenntnis gebracht."

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