Karas wieder ÖVP-Delegationschef

Karas wieder oeVPDelegationschef
Karas wieder oeVPDelegationschef(c) APA/ANDREAS PESSENLEHNER (ANDREAS PESSENLEHNER)
  • Drucken

Der einstimmig gewählte Karas kündigt im „Presse“-Interview ein Aussprache mit Parteichef Pröll über Probleme der Vergangenheit an. „Bin unabhängiger und freier geworden.“, so Karas.

Wien. Othmar Karas ist wieder Leiter der ÖVP-Delegation im Europaparlament. Er wurde am Dienstag einstimmig von seinen ÖVP-Parlamentskollegen gewählt.

Karas holt damit bereits ein zweites Mal in Folge für seine Partei die Kohlen aus dem Feuer. 2006 war er der in die Wiener Kommunalpolitik gewechselten Ursula Stenzel als Delegationschef mitten in einer Legislaturperiode nachgefolgt. Die ÖVP-Parteiführung, die ihm nach der Europawahl 2009 trotz 112.954 Vorzugsstimmen die Delegationsleitung verwehrt hatte, gibt sich nun versöhnlich. Generalsekretär Fritz Kaltenegger zur Karas-Wahl: „Damit kehrt in der ÖVP-Delegation wieder Ruhe ein.“

Karas, der dem wegen seiner Lobbying-Affäre zurückgetretenen Ex-Innenminister Ernst Strasser nachfolgt, sieht sich durch die Erfahrungen der letzten beiden Jahre gestärkt: „Ich bin unabhängiger und freier geworden“, sagt er im Gespräch mit der „Presse“ und verweist auf die Gründung seines parteiunabhängigen „Bürgerforums Europa“. Auf die Frage, ob er mit seiner Partei noch eine Rechnung offen habe, antwortet er indirekt: „Ich blicke nicht zurück, aber ich vergesse auch nicht. Ich werde mit Parteichef Josef Pröll – sobald er wieder gesund ist – das Gespräch suchen. Dabei müssen wir über den Neuanfang, aber auch über die Probleme der Vergangenheit reden.“

Neuer Verhaltenskodex

Karas will sich nach der Affäre Strasser im Europaparlament für einen neuen Verhaltenskodex für alle Abgeordneten einsetzen. „Es muss klar sein, dass ein Entgelt für Lobbyingtätigkeit mit einem Mandat unvereinbar ist.“ Bestimmte Nebentätigkeiten von Abgeordneten müssten generell verboten werden. Außerdem soll es verschärfte Transparenzregeln geben. In der ÖVP-Delegation werde diese Sauberkeit bereits praktiziert, so Karas. Die Nachfolger von Strasser und Hella Ranner, Hubert Pirker und Heinz Becker, hätten mit Eintritt in das Parlament ihre Firmen stillgelegt. Pirker war ebenso wie Strasser als Lobbyist tätig, Becker hatte eine PR-Agentur.

Der ÖVP-Europaabgeordnete Richard Seeber verteidigte bei der Pressekonferenz zur Neukonstituierung der Delegation, dass er die Erklärung seiner finanziellen Interessen erst kürzlich ergänzt habe. Er habe erst seit 1.März einen Mitarbeiter der Wirtschaftskammer. Stellvertretende Leiterin der ÖVP-Delegation wird Elisabeth Köstinger. Sie ist mit 32 Jahren die jüngste der ÖVP-Abgeordneten. Gleichzeitig wurden die Aufgaben in der Delegation neu verteilt. Pirker wird künftig im Verkehrs- und Justizausschuss arbeiten, Heinz Becker im Sozial- und Bildungsausschuss. Paul Rübig übernimmt von Strasser die Arbeit in der „Delegation mit den Maghreb-Ländern“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

LobbyistenAffaere StrasserBuero durchsucht
Politik

Lobbyisten-Affäre: Strassers EU-Büro durchsucht

Französische Behörden durchsuchten auf Anfrage aus Wien die Räumlichkeiten in Straßburg. Zeugen wurden befragt, Material beschlagnahmt.
Innenpolitik

Jarolim unter Druck: Prammer mahnt

Unvereinbarkeit: Die Nationalratspräsidentin fordert Beweise von Jarolim, dass kein Geld wegen der Staatsdruckerei-Klage geflossen sei. Hintergrund dürfte eine private Fehde gewesen sein.
Innenpolitik

Jarolim: „Habe nie ein Honorar bekommen“

Mandatar erklärt, er habe nur die Ressourcen seiner Anwaltskanzlei für politische Tätigkeit zur Verfügung gestellt. ÖVP und FPÖ schießen sich auf den SPÖ-Justizsprecher ein.
Porträt des Tages

Kritiker in der Kritik

Hannes Jarolim wettert gerne gegen Missstände in der Justiz. Nun muss sich der SPÖ-Politiker selbst rechtfertigen.
Jarolim: Lobbying-Vorwurf "an Haaren herbeigezogen"
Politik

Jarolim: Lobbying-Vorwurf "an Haaren herbeigezogen"

SP-Justizsprecher Johannes Jarolim bestreitet gegen die Staatsdruckerei lobbyiert zu haben. Jarolim wertet die Anschuldigungen als Retourkutsche aus der Volkspartei.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.