Ankara macht Druck in der Zypern-Frage

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Türkei droht mit dem Aussetzen der diplomatischen Beziehungen zur EU, sollte Zypern den Unionsvorsitz übernehmen. Der Vorstoß ist auch Ausdruck des gesunkenen Ansehens der Europäer in der Türkei.

Ankara. Die türkische Regierung wird zunehmend ungeduldig mit der EU. Diese Woche hat der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu den Fehdehandschuh hingeworfen. Wenn es keine Lösung der Zypern-Frage gibt, die Republik Zypern dennoch im Juli 2012 die EU-Präsidentschaft übernimmt, will Ankara die diplomatischen Beziehungen mit Brüssel einfrieren. Zugleich beschuldigte Davutoğlu die griechische Seite, die seit 2008 geführten Verhandlungen über eine Wiedervereinigung der Insel bewusst zu verzögern.

Der Vorstoß hat zwei Seiten. Zunächst ist er eine fast schon logische Folge der türkischen Zypern-Politik: Ankara erkennt die Republik Zypern nicht als Staat an, weil sie de facto nur die griechische Mehrheit auf der Insel vertritt. Mit hinein spielt hier auch ein in Europa bisher nicht wahrgenommener neuer Konflikt um mögliche Ölvorkommen im östlichen Mittelmeer. Der Vorstoß ist aber auch Ausdruck des gesunkenen Ansehens der Europäer in der Türkei. Bei einem Abendessen präsentierten jüngst türkische Vertreter EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle zwei Zahlen und stellten ihm eine Frage. Die Zahlen waren 8,9 Prozent Wachstum in der Türkei im vergangenen Jahr und 1,8 Prozent Wachstum in der EU. Die Frage lautete: „Braucht die Türkei die EU oder die EU die Türkei?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2011)

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