Zypern: Regierung tritt geschlossen zurück

Zypern: Regierung tritt geschlossen zurück
Zypern: Regierung tritt geschlossen zurückZyperns Präsident Demetris Christofias (c) EPA (Katia Christodoulou)
  • Drucken

Eine angeblich vermeidbare Explosion eines Munitionsdepots hat die Schuldenkrise des Inselstaates verschärft. Die zypriotische Regierung zieht nun die Konsequenzen.

Die zypriotische Regierung ist angesichts massiver Proteste und einer drohenden Finanzierungskrise am Donnerstag zurückgetreten. Präsident Demetris Christofias will in einigen Tagen eine neue Regierungsmannschaft aufstellen. Die bisherige Regierung stützte sich auf die kommunistische Fortschrittspartei des werktätigen Volkes (AKEL) von Christofias und die Demokratische Partei (DIKO) von Außenminister Markos Kyprianou, der bereits vor zehn Tagen zurückgetreten war.

Persönliche Konsequenzen hat Christofias, dessen Amtszeit 2013 endet, trotz Forderungen Tausender von Demonstranten ausgeschlossen. Auslöser der Krise ist ein verheerendes Explosionsunglück auf einem Marinestützpunkt. Am 11. Juli flog im Hafen von Limassol bei sengender Hitze ein Depot mit fast 100 Containern beschlagnahmter Munition in die Luft. Dreizehn Menschen wurden getötet und das Kraftwerk Vassilikos so schwer beschädigt, dass in großen Teilen der Insel der Strom ausfiel. Die Munition war 2009 auf einem Schiff auf dem Weg vom Iran nach Syrien beschlagnahmt worden, weil der Transport gegen UNO-Sanktionen verstieß.

Zypern droht "Ramsch-Status"

Geteilte Insel

Mit den Energieversorgungsproblemen hat sich die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage auf Zypern weiter verschärft. Die Ratingagentur Moody's stufte die Kreditwürdigkeit am Mittwoch auf die Note "Baa1" herunter, die nur noch drei Stufen über dem "Ramsch"-Status für Anleihen liegt. Neben der Energieknappheit begründete die Agentur die neue Einschätzung auch mit der engen Verflechtung der zypriotischen Finanzbranche mit dem angeschlagenen griechischen Bankensektor. Die angespannte Lage nach dem Unglück könne die Regierung in Nikosia vom Reform- und Sparpfad abbringen, erklärte Moody's.

Der Explosion folgten Proteste bisher nicht gekannten Ausmaßes gegen die Regierung, der wegen Schlampereien die Schuld an dem verheerenden Unglück angelastet wird. Warnungen von Armeeangehörigen vor der unsachgemäßen Lagerung der Munition waren ignoriert worden. Nach Einschätzung von Volkswirten können sich die Folgekosten der Explosion auf eine Milliarde Euro summieren - eine erhebliche Belastung für den Inselstaat mit seiner jährlichen Wirtschaftsleistung von gut siebzehn Milliarden Euro.

An den Finanzmärkten nährte die Entwicklung die Erwartung, dass Zypern als viertes Land unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen könnte. Dem widersprach Regierungssprecher Stefanos Stefanou am Donnerstag: "Bisher hat Zypern seinen Finanzierungsbedarf bis Ende des Jahres sichern können. Also nehmen sie es nicht als gegeben an, dass Zypern den Hilfsmechanismus in Anspruch nehmen wird", sagte er auf eine Journalistenfrage.

Schon vor der Explosion waren Christofias und seine Regierung wachsender Kritik ausgesetzt, weil sie die wirtschaftlichen Probleme nicht in den Griff bekamen. Anfang Juli hatte die Regierung angekündigt, Ausgaben im öffentlichen Dienst zu kürzen und staatliche Einrichtungen zu schließen.

Völkerrechtlich ist die ganze Insel seit dem Jahr 2004 EU-Mitglied, doch findet das Regelwerk der Union im türkisch besetzten Norden derzeit keine Anwendung. Die Separatadministration "Türkische Republik Nordzypern" (KKTC) in dem seit 1974 von der türkischen Armee okkupierten Inselteil wird nur von der Türkei anerkannt.

Ein UNO-Wiedervereinigungsplan war 2004 von den griechischen Zyprioten in einem Referendum massiv verworfen worden. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass der Plan dem Großteil der nach der türkischen Militärinvasion aus dem Norden Vertriebenen beziehungsweise deren Nachkommen die Rückkehr in ihre Heimatorte verwehrte, zugleich aber vorsah, dass ein beträchtlicher Teil der angesiedelten Festlandtürken auf der Insel bleiben kann. Die türkischen Zyprioten hatten für den Plan votiert.

(Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.