Molterer: „Die Schulden sind das Problem“

(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
  • Drucken

Ex-Vizekanzler Molterer sieht die Eurokrise nicht bewältigt, nur in einer anderen Phase angekommen. Österreichische Firmen wollen derzeit nicht in Griechenland investieren.

Wien/Berlin/Ag. Wilhelm Molterer war noch Finanzminister und Vizekanzler, als die Wirtschaftskrise ihren Anfang nahm. Nun sitzt er als Vizepräsident in der Europäischen Investitionsbank (EIB) und warnt: „Die Wirtschaftskrise ist noch nicht bewältigt, aber sie ist in eine neue Phase eingetreten. Die Schulden sind jetzt das Problem.“ Der Euro-Krisengipfel habe jedenfalls sehr klare Signale gesetzt. Entscheidend sei, dass Griechenland nun schnell wieder auf den Wachstumspfad gebracht wird. „Dann gibt es sehr, sehr realistische Perspektiven, dass das investierte Geld der EU auch wieder zurückkommt.“

Großer Enthusiasmus kommt zumindest bei österreichischen Firmen nicht auf, wenn es darum geht, in Griechenland zu investieren oder einzukaufen. Die griechische Regierung will ja bis 2015 mindestens 50 Milliarden Euro aus dem Verkauf von Staatsbetrieben erlösen. Verbund, OMV, Telekom Austria, ÖBB und Asfinag haben bei einem Rundruf der APA unisono abgewinkt. „Griechenland ist derzeit nicht im Fokus unseres Interesses“, heißt es etwa bei der OMV. Und auch die Telekom Austria will sich nicht um eine Übernahme der griechischen Telekomgesellschaft OTE engagieren. Vor fünf Jahren hat es noch so ausgesehen, als würde die OTE bei der Telekom einsteigen. Ein klares Nein kommt von den ÖBB bei einem Kauf des Eisenbahnnetzes. Der Fokus der ÖBB liege auf der Sanierung des Unternehmens. Und auch die staatliche Autobahngesellschaft Asfinag denkt nicht an Beteiligungen in Griechenland. Beraterleistungen könnte man sich vorstellen.

DB berät bei Griechen-Umschuldung

Ausgerechnet die Deutsche Bank, die selbst viel Geld in Griechenland verliehen hat, soll das Land nun bei der Umschuldung beraten. Weitere Berater sind die internationale Anwaltskanzlei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton sowie die US-Investmentbank Lazard. Außerdem sind Experten des Internationalen Bankenverbands IIF eingebunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Nationalbank-Gouverneur Nowotny verteidigt die Anleihekäufe der EZB
International

Nowotny: Krise hat "gewisse Parallelen" zu Lehman

Der Nationalbank-Chef mahnt Politiker zu schnellerem Handeln im Kampf gegen die Krise. Die Befürchtungen für internationalen Abwärtstrend steigen wieder.
EZB-Präsident Trichet erinnert die europäischen Staaten an ihre Verantwortung
International

EZB fordert von Italien maximal ein Prozent Defizit

Die EZB drängt Italien zu einem verschärften Sparkurs. Trichet fordert von den Europäern eine rasche Umsetzung der Beschlüsse vom Krisengipfel im Juli.
EZB verteidigt den Ankauf spanischer und italienischer Staatsanleihen
International

Experte Gerke: Anleihekauf der EZB "unverantwortlich"

Experte Gerke kritisert dies als "Länderfinanzausgleich auf europäischer Ebene". Die Notenbank plant aber, dieses Engagement auch fortzusetzen.
Zertruemmert Italien Euro
International

Zertrümmert Italien den Euro?

Das hoch verschuldete Italien ist zum größten Problem für die Eurozone geworden: Misslingt die Stabilisierung durch Sparprogramm und EZB-Anleihenkäufe, dann gerät die gesamte Eurozone in ernste Pleitegefahr.
Leitartikel

Die Europäische Zentralbank, der brave Pudel der Politik

Das Brechen von Verträgen gehört in Europa längst zum Tagesprogramm. Neu ist, dass es erwachsene Rechtsstaaten sind, für die der Zweck alle Mittel heiligt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.