Serbien soll EU-Kandidat werden

(c) EPA (KOCA SULEJMANOVIC)
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Die EU-Kommission will Serbien offiziell als Beitrittsland vorschlagen. Zudem sollen die Beitrittsgespräche mit Montenegro demnächst starten. Neue Spannungen im Kosovo hatten EU-Annäherung Serbiens gefährdet.

Brüssel. Die von Österreich geforderte Erweiterung der EU um die Länder des Westbalkans steht vor einem entscheidenden Durchbruch: Die EU-Kommission wird nächste Woche vorschlagen, dass Serbien den offiziellen Status als Beitrittskandidat erhält. Konkrete Verhandlungen sollen wegen der ungelösten Differenzen im Kosovo allerdings noch nicht aufgenommen werden. Mit Montenegro sollen hingegen die Beitrittsgespräche bereits starten. Das verlautet sowohl aus EU-Ratskreisen als auch aus dem Europaparlament.

Die EU-Kommission wird ihren Vorschlag voraussichtlich am nächsten Mittwoch präsentieren. Danach müssen noch die Mitgliedstaaten im Rat – voraussichtlich im Dezember – darüber entscheiden. Während vor allem Österreich, aber auch Großbritannien auf einen Fortschritt bei der Annäherung drängen, bremsten andere Länder wie die Niederlande zuletzt noch. Da aber noch keine konkreten Beitrittsverhandlungen mit Serbien starten sollen, stehen die Chancen für Belgrad dennoch gut.

Annäherung in Gefahr

Neue Spannungen im Kosovo haben zuletzt die EU-Annäherung Serbiens gefährdet. Ein Streit um die Einsetzung kosovarischer Zöllner an der Grenze zu Serbien führte zu neuen Konflikten und Straßensperren serbischer Aktivisten im Nordkosovo. Eine Grenzstation wurde dabei in Brand gesetzt, mehrere Personen wurden verletzt.

Die grüne Europaabgeordnete Ulrike Lunacek spricht von „mafiosen Strukturen“ im serbisch bewohnten Nordkosovo. Die EU müsse deshalb den Druck auf Serbien erhöhen, diese „Parallelstrukturen“ abzubauen. Es gebe in diesem Gebiet einen Mangel an Rechtsstaatlichkeit.

Neben dem ungelösten Kosovo-Problem, so heißt es in Brüssel, habe Serbien zahlreiche Reformen vor allem im Justizbereich und im Kampf gegen Korruption eingeleitet, die eine weitere Annäherung des Landes an die EU möglich machen. Entscheidender Faktor für den vorgeschlagenen Kandidatenstatus waren die Festnahmen von Exgeneral Ratko Mladić und Serbenführer Goran Hadžić und deren Überstellung an das Haager Kriegstribunal. Beiden werden schwere Kriegsverbrechen im Balkankrieg zwischen 1992 und 1995 vorgeworfen.

Im Falle Montenegros hat sich die Lage zuletzt klar verbessert. Fortschritte bei Reformen machen es möglich, dass Beitrittsverhandlungen beginnen können, heißt es in Brüssel. Offen ist hingegen die weitere Vorgangsweise mit Mazedonien. Hier verhindert der nach wie vor ungelöste Namensstreit mit Griechenland eine weitere Annäherung an die EU.

Mehrheit gegen Aufnahme Serbiens

Laut einer jüngsten Umfrage der Gesellschaft für Europapolitik sind 51 Prozent der Österreicher gegen einen Beitritt Serbiens zur EU. Nur jeder vierte Befragte war dafür. Die Stimmung zu Montenegro ist nur geringfügig besser. 46 Prozent lehnen einen Beitritt des Balkanlandes ab, 27 Prozent sind dafür. Am schlechtesten ist die Stimmung zum Kosovo: 56 Prozent der Österreicher lehnen eine Aufnahme des Landes ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2011)

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