Fischer: "Vergessen wir die EU der 27!"

dapd-Serie 11. September 2001 - 10 Jahre danach: Politiker unter Schock
dapd-Serie 11. September 2001 - 10 Jahre danach: Politiker unter Schock(c) dapd (Oliver Lang)
  • Drucken

Deutschlands Ex-Außenminister will eine "Avantgarde" der 17 Euro-Staaten als Herrscher über Europa. Die EU entwickle sich zur "Transferunion".

Der deutsche Ex-Außenminister Joska Fischer hat den Glauben an die EU-27 verloren. Mit drastischen Worten erklärte der Grün-Politiker die Europäischen Union in ihrer jetzigen Form für gescheitert. "Vergessen wir die EU der 27. Leider. Aber ich sehe einfach nicht, dass diese 27 Staaten gemeinsam irgendeine bedeutsame Reform hinbekommen", erklärte Fischer in der Wochenzeitung "Die Zeit".

Der Ex-Außenminister will deshalb die EU-27 entmachten: Er spricht sich für die Herrschaft einer "Avantgarde" der 17 Eurostaaten aus, die im Interesse der Währung handelt.

Fischer will beratende Euro-Kammer

Konkret schwebt Fischer die Schaffung einer beratenden Euro-Kammer vor. Weil das Budgetrecht aber unantastbar in den nationalen Parlamenten liege, soll die Kammer mit den Fraktionschefs aus den Mitgliedsländern besetzt werden. "Die Führungsleute tragen also einen Doppelhut, einen nationalen und einen europäischen, genauso wie die Regierungschefs. So können diejenigen, die daheim das Sagen in ihren Parlamenten haben, auch in Europa mitreden", wird Fischer zitiert. Man kann Fischers Vorstoß auch so lesen: Wenn die Parlamentarier selbst EU-Beschlüsse mittragen würden, fiele es ihnen schwerer, zu Hause darüber herzuziehen.

Für Fischer entwickelt sich die EU jedenfalls entgegen der Beteuerungen der Staatschefs zu einer "Transferunion": "Wer das bestreitet, lügt sich in die eigene Tasche." Und Fischer warnt: "Wir müssen sehr aufpassen, das wir Europa nicht verlieren. Den Kontinent Europa wird es auch ohne den Euro geben, aber als politisch-kulturelles Projekt ist es dann tot."

(Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.