EU: Nette Gesten an Serbien und Kosovo

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Serbien erhält am Dienstag den Status als EU-Beitrittskandidat. Der symbolisch wichtige Akt überdeckt einen neuen Weißrussland-Skandal. Belgrad und Prishtina einigten indes sich auf einen Modus Operandi.

Brüssel. Am Montag räumten Europas Außenminister die letzten Zweifel darüber aus, dass Serbien den Status als EU-Beitrittskandidat erhalten soll. „Es gab niemanden mehr, der sagte: ,Wir sind gegen den Kandidatenstatus‘“, sagte Außenminister Michael Spindelegger am Montag in einer Verhandlungspause des Brüsseler Ratstreffens. Heute, Dienstag, werden die Europaminister den formalen Beschluss dazu fällen.

202 Mio. Euro Vor-Beitrittshilfe

In der Sache ändert sich damit für Serbien nichts. Das Land erhält bereits seit dem Jahr 2007 jährlich rund 190 Millionen Euro aus dem EU-Budget als Hilfe zur „Heranführung“ an europäische Standards. Mit diesem Geld werden serbische Schulen ebenso modernisiert wie Umspannwerke, Straßen und Gefängnisse. 2012 kann Belgrad rund 202 Millionen Euro an „Heranführungshilfe“ erwarten.

Spindelegger betonte, dass es „keinen Automatismus gibt, dass Serbien auch ein Mitglied der EU wird.“ Es gebe noch „genügend Punkte, die kritisch sind“. Einer davon, der über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen entscheiden wird, ist das Verhältnis Serbiens zu seiner einstigen Provinz Kosovo.

Serbien erkennt zwar weiterhin den Kosovo nicht als Staat an. Doch vergangene Woche und unter dem Eindruck der nahenden Verleihung des Kandidatenstatus einigten sich Belgrad und Prishtina auf einen Modus Operandi, der die gedeihliche Zusammenarbeit in technischen Fragen und die Kontrolle der gemeinsamen Grenzübergänge ermöglichen soll.

Und auch die Kosovo-Albaner werden für ihren guten Willen von der EU belohnt – zumindest symbolisch. Die Kommission wird eine Machbarkeitsstudie über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit dem Kosovo erstellen. Die Minister sind in der Frage dieses Gutachtens der Kommission gespalten, zumal Griechenland, Rumänien, die Slowakei, Spanien und Zypern Kosovo nicht als Staat anerkennen. Allerdings kann die Kommission ohnehin aus eigenem Willen Machbarkeitsstudien erstellen, und schon so manche davon ist in Brüsseler Schreibtischladen verstaubt. Spindelegger meinte zudem, man müsse die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen für die Kosovo-Albaner „in eine zeitliche Dimension bringen“. Das allerdings ist ein Thema, für das die Innenminister zuständig sind.

Minsker Oligarch ungeschoren

Die Erleichterung über diesen Durchbruch überdeckte am Montag allerdings einen neuen Skandal im Umgang der EU mit dem Regime des weißrussischen Diktators Alexander Lukaschenko. Slowenien und Lettland verhinderten die Einführung von Reiseverbot und Vermögensbeschlagnahme gegen den Oligarchen Jury Tschysch. Er ist nicht nur Präsident des Fußballklubs Dinamo Minsk, sondern auch ein enger Freund Lukaschenkos. Die beiden spielen ab und zu gemeinsam Eishockey, und Tschysch lud den Diktator vor einigen Jahren zum Skiurlaub nach Slowenien.

Tschyschs Firma, Triple Group, baut laut „EUObserver“ mit der slowenischen Riko-Gruppe ein „Kempinski“-Luxushotel in Minsk, das unter anderem für die Eishockey-Weltmeisterschaft 2014 benötigt wird. „Ich hoffe, dass jene, die ein Zimmer im ,Kempinski‘ buchen, sich dessen bewusst sein werden, wie lange manche Menschen dafür im Gefängnis verbringen mussten“, brachte Polens Außenminister Radek Sikorski, der für Sanktionen geworben hatte, seinen Zorn zum Ausdruck. Zumindest nahmen sich die Minister vor, bei ihrem nächsten Treffen im März den generellen Umgang mit Lukaschenkos oligarchischen Unterstützern zu diskutieren.

Auf einen Blick

Serbien ist ab heute, Dienstag, EU-Beitrittskandidat. Darauf einigten sich die Außenminister in Brüssel. Dieser Akt ist symbolisch wichtig, weil er zeigt, dass man Serbien in der EU zumindest als eines Kandidaten würdig befindet. Wann aber tatsächlich Verhandlungen beginnen, steht in den Sternen.

Kosovo erhält vorerst nur freundliche Wortspenden. Man will u. a. ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen prüfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2012)

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