Griechenland-Wahl: Warnung vor "Monat der Tragödie"

GriechenlandWahl Warnung Monat Tragoedie
GriechenlandWahl Warnung Monat Tragoedie(c) EPA (ALKIS KONSTANTINIDIS)
  • Drucken

Nach dem Scheitern der Regierungsbildung stehen die Griechen unter Druck. Denn ohne stabile Führung gibt es keine internationale Hilfe. Die Übergangsregierung soll noch bekanntgegeben werden.

Nach dem Scheitern aller Gespräche über eine Regierungsbildung muss im pleitebedrohten Griechenland neu gewählt werden. Als Wahltermin wurde nach Angaben aus Parteikreisen am Mittwoch der 17. Juni festgelegt. Noch heute soll über die Bildung einer Interimsregierung beraten werden. Am Nachmittag will der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias die Entscheidung über deren Zusammensetzung bekanntgeben.

Die Verfassung sieht vor, dass die Übergangsregierung von einem der Chefs der höchsten Gerichtshöfe des Landes und parteilosen Persönlichkeiten geführt wird. Die Regelung ist aber im Verfassungstext lose angelegt: Die Parteichefs könnten sich auch auf eine andere Person einigen. Dies könnte der noch amtierende Finanzexperte Lucas Papademos sein. Diese Regierung hat als einzigen Auftrag, Wahlen durchzuführen und nur dringende Alltagsprobleme zu lösen.

Aus dem Votum am 6. Mai war die radikallinke Syriza von Alexis Tsipras als zweitstärkste Kraft nach konservativer Nea Dimokratia (ND) und vor sozialistischer Pasok hervorgegangen. Tsipras will trotz drohenden Staatsbankrotts das Sparprogramm des Landes auf Eis legen.

Schicksalswahl für Griechenland

Die Griechen heben verstärkt ihr Geld von den Banken ab. Griechische Sparer haben alleine am Montag bis zu 800 Millionen Euro abgezogen. Dies geht aus einem Protokoll der Regierungsverhandlungen hervor. Präsident Karolos Papoulias beruft sich darin auf Notenbank-Chef Giorgos Provopoulos und spricht von einer Stimmung der Angst, die in Panik umschlagen könnte. Noch bilden sich aber keine Schlangen vor den griechischen Finanzinstituten.

Beobachter sprechen von einer Schicksalswahl am 17. Juni. Denn angesichts der finanziellen Turbulenzen gehe es auch um die Frage nach Euro oder Drachme, die alte Währung. Papoulias warnte am Dienstag, der Juni könne zu einem "Monat der Tragödie" für das Land werden. Immerhin braucht Griechenland dringender denn je eine neue arbeitsfähige Regierung, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Ohne internationale Hilfen ist das Land Ende Juni pleite, diese sind aber wiederum an eine stabile Führung des Landes gebunden.

--> Umfrage: Was bringen die Neuwahlen?

Der Chef der Konservativen, Antonis Samaras, rief alle Griechen auf, eine "pro-europäische Front" zu bilden, die das Land im Euro hält. "Es geht bei den nächsten Wahlen um unseren Verbleib im Euroland", sagte Samaras. Sozialistenchef Evangelos Venizelos sprach von "schlimmen Bedingungen" für Neuwahlen. "Das Volk hat uns gesagt, wir sollen im Euroland bleiben", gab er sich überzeugt. Ähnlich äußerte sich der Chef der gemäßigten Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis. In Anspielung auf die Radikallinken sagte er: "Einige haben engstirnig die Parteiinteressen über das Wohl des Landes gestellt."

"Wir haben unsere Wähler nicht verraten"

Tsipras, dessen Radikallinke nach der ersten Wahl zur zweitstärksten Kraft aufgestiegen sind, sah im Wahlergebnis eine Bestätigung seines Programms. Der Wähler hätte ihn damit aufgerufen, das Sparprogramm zu stoppen. "Wir haben unsere Wähler nicht verraten." Seine Partei arbeite nicht mit Samaras und Venizelos zusammen, weil diese der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und IWF-Chefin Christine Lagarde versichert hätten, das Sparprogramm einzuhalten. Die anderen Parteien und das Ausland verstünden nicht, "dass ein Volk, das alles verloren hat, nicht erpresst werden kann", so Tsipras.

"Lasst uns jetzt eine linke Regierung bilden und die Politik beenden, die unser Land zerstört hat", rief der 37-Jährige in der Nacht auf Mittwoch seinen Anhängern zu. An seinem Widerstand waren letztlich alle Sondierungen und Verhandlungen gescheitert. Laut aktuellen Umfragen hat das "Bündnis der Radikalen Linken" große Chancen, die kommenden Präsidentschaftswahlen zu gewinnen.

Der Vorsitzende der rechtsorientierten "Unabhängigen Griechen" (ANEL), Panos Kammenos, meldete sich ebenfalls zu Wort, um die Wahlkampftrommel erneut in Ganz zu setzten. Seiner Meinung nach hätten die internationalen Geldgeber Griechenland besetzt. Ziel der Neuwahlen sei deshalb "ein Griechenland für die Griechen" wieder zu erlangen.

Dax stürzte ab, Euro unter 1,28 Dollar

Die Finanzwelt reagierte am Dienstag geschockt. An den Märkten setzte nach der Ankündigung von Neuwahlen eine Verkaufswelle ein. Der deutsche Leitindex Dax stürzte um 1,41 Prozent auf 6361,30 Punkte und markierte damit den tiefsten Stand seit Ende Jänner. Der Kurs des Euro rutschte kräftig ab. Im Nachmittagshandel fiel die Gemeinschaftswährung unter die Marke von 1,28 US-Dollar und erreichte bei 1,2769 Dollar zeitweise den tiefsten Stand seit Mitte Jänner.

(Ag./Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.