EU-Parlament bei Bürgern nahezu unbekannt

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Symbolbild(c) EPA (CHRISTOPHE KARABA)
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Die österreichische Gesellschaft für Europapolitik untersuchte den Bekanntheitsgrad der 19 österreichischen Abgeordneten im Europäischen Parlament: Dieser ist – bis auf drei Ausnahmen – dramatisch gering.

Wien. Die Forderung ist nicht neu, aber im Zuge der Krise neu entflammt: Die Europäische Union muss demokratischer werden, um eine ausreichende Legitimation in der Bevölkerung zu erlangen. Je mehr die Diskussion darüber an Schärfe gewinnt, desto mehr steigt auch die Rolle des ehemaligen Stiefkinds im Institutionengefüge der EU: Dem Europäischen Parlament. „Es hat sich mittlerweile durchgesprochen, dass das EU-Parlament eine wichtige Funktion hat“, sagt Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), die kürzlich eine Umfrage zum Thema „Einstellungen der Österreicher zum Europäischen Parlament“ durchgeführt hat, die der „Presse“ exklusiv vorliegt.

Dabei zeigte sich, dass 71 Prozent der Befragten das EU-Parlament als „sehr wichtig“ oder „wichtig“ einstuften. Fast die Hälfte spricht der Behörde großen Einfluss auf Entscheidungen der EU zu. Allerdings erhalten nur 37 Prozent „sehr oft“ oder „oft“ Nachrichten oder Informationen über die Tätigkeiten des EU-Parlaments. 63 Prozent sind „selten“, „sehr selten“ oder „nie“ damit konfrontiert. Das EU-Parlament wird – spätestens seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und der damit einhergehenden deutlichen Erweiterung seiner Kompetenzen – als wichtig eingestuft, ist aber in der Bevölkerung immer noch nahezu unbekannt. „Die Menschen denken, dass die Arbeit des EU-Parlaments Sinn macht“, sagt Paul Schmidt. Auf der anderen Seite habe die Behörde aber noch kein Gesicht  als „demokratiepolitischer Anker der EU.“

Wenig Information über Abgeordnete

Vor allem der Informationsstand über die Arbeit der österreichischen Abgeordneten in Brüssel und Straßburg, insgesamt 19 an der Zahl, ist dramatisch gering: Lediglich elf Prozent der Befragten würden ihn als „sehr gut“ oder „gut“ bezeichnen, 85 Prozent als „weniger“ oder „gar nicht gut“.

Nur drei österreichische EU-Abgeordnete können von mehr als zwei Prozent der Befragten namentlich genannt werden: Othmar Karas (11 %, ÖVP), seit Jänner Vizepräsident des EU-Parlaments, Hannes Swoboda (17 %, SPÖ), der kürzlich zum Fraktionschef der Sozialisten gewählt wurde, und Hans-Peter Martin (11%, fraktionslos), der einen einigermaßen hohen Bekanntheitsgrad erlangte, indem er regelmäßig seine EU-Kollegen an den Pranger stellt, weil sie etwa Spesen- und Reisekostengelder in Rechnung stellen, die ihnen angeblich gar nicht zustünden.

„Die Kommunikation ist ein nachhaltiges und langwieriges Projekt“, resümiert Schmidt. Denn: Gefragt nach Namen österreichischer Abgeordneter nannten knapp acht Prozent auch Johannes Voggenhuber, der sich im EU-Parlament über Jahre einen Namen gemacht hatte, aber schon seit dem Jahr 2009 nicht mehr dort sitzt.

Der geringe Bekanntheitsgrad der 19 EU-Abgeordneten sei jedenfalls ein Auftrag an Österreich, „diesen Leuten mehr Bühne zu geben“, so Schmidt. Hier seien sowohl die österreichische Politik als auch die Medien gefordert. Derzeit sei es eher ein „Wettbewerb um Aufmerksamkeit“, den die Volksvertreter zu kämpfen hätten. Vor allem in Hinblick auf die Europawahl 2014 sei es aber sehr wichtig, schon jetzt damit zu beginnen, die europäischen Volksvertreter stärker in (ein besseres) Licht zu rücken. Denn: „Die Zeit ist begrenzt.“

Vertrauen in den Euro schlecht

Und noch etwas hat die Studie gezeigt: Die Österreicher hoffen in der Krise auf eine handlungsfähigere EU. So wünschen sich 51 Prozent der Befragten eine stärkere Rolle des EU-Parlaments bei der Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise; 62 Prozent fordern ein stärkeres Auftreten der Staats- und Regierungschefs; 41 Prozent würden eine größere Rolle der Europäischen Kommission begrüßen (im Vergleich zu 35 Prozent, die das nicht wollen.)

Wenig überraschend ist indes auch, dass das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung weit besser sein könnte: Nur 42 Prozent haben „sehr großes“ oder „großes“ Vertrauen in den Euro, aber schon 57 Prozent „eher geringes“ bis „überhaupt kein Vertrauen.“

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