Deutschland: Verluste für Union, Erfolg für SPD und Eurogegner

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Der EU-kritische Wahlkampf der CSU ging nach hinten los. Die AfD wird stärker.

Berlin. Ob Deutschland nun will oder nicht: Es ist das wichtigste Land Europas. Auch bei der EU-Wahl, bei der es die höchste Zahl an Abgeordneten stellt (nämlich 96). Viel hängt vom deutschen Ergebnis ab – auch dann, wenn keine Hitze des Gefechts aufkommen will: Die meisten Deutschen mögen Europa, trotz allem, und eine rabiat europafeindliche Partei hätte es hier immer noch schwer.

Auch als Denkzettel für die Regierung hat der Urnengang nicht getaugt. Der Großteil ist mit der Großen Koalition recht zufrieden. Davon profitierten konnte aber nur die SPD. Sie hatte 2009 den Wählerzorn abbekommen. Nun ist der Balken von 20,8 auf 27,2 Prozent hinaufgeschnellt. Im Vergleich zur Bundestagswahl (25,7 Prozent) war das jedoch kein großes Plus. Das Zugpferd der Sozialdemokraten half also, erwies sich aber nicht als Trumpf: Auf Martin Schulz, den Deutschen, der Kommissionspräsident werden will, war die Kampagne fokussiert. In Umfragen erhielt der „Präsident der Herzen“ doppelt so viel Zustimmung wie Juncker.

Die Union erlitt eine Schlappe. Sie blieb mit 35,2 Prozent klar hinter ihrem Ergebnis von 2009 (mit 37,9 Prozent) und stürzte im Vergleich zum Triumph vom Herbst (41,5 Prozent) regelrecht ab. Die CDU hatte Kanzlerin Merkel plakatiert, die gar nicht zur Wahl stand, sang Loblieder auf Europa und hielt so zumindest ihr 2009er-Ergebnis. Die bayerische Schwesterpartei zielte mit einem europakritischen Wahlkampf auf EU-Skeptiker ab – eine Strategie, die sich als schwerer Flop erwies: Die CSU verlor fast ein Drittel ihrer Wähler.

Weiter erstarkt ist die Alternative für Deutschland (AFD): Die Eurogegner kamen auf 6,8 Prozent. Freilich: Sie konnten ihre Anhänger, denen Europathemen so wichtig sind, besonders gut mobilisieren. Ob sich die neue, zunehmend rechtspopulistisch wirkende Protestpartei auf Dauer etablieren kann, wird sich erst im Herbst bei drei Landtagswahlen zeigen.

Grüne (10,9 Prozent) und Linke (7,5 Prozent) konnten ihre Niveaus in etwa halten. Die FDP (3,2 Prozent) sinkt ins Bodenlose. Da die Verfassungsrichter die Drei-Prozent-Hürde gekippt haben, kommen mehr Kleinparteien zum Zug. Mit einer bitteren Konsequenz: Auch die rechtsextreme NPD (1,0 Prozent) kann einen Vertreter nach Brüssel/Straßburg entsenden.

Ein Grund zur Freude: Die Wahlbeteiligung lag mit 48 Prozent weit höher als 2009 (mit 43,3 Prozent). Allerdings halfen Kommunalwahlen nach. Wo sie parallel stattfinden, erhöht sich die Beteiligung meist um zehn bis 15 Punkte. Vor vier Jahren ging es um sechs Bundesländer, dieses Mal waren es sogar zehn. Über 60 Prozent der Wahlberechtigten konnten mehrere Kreuzchen machen.

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