Streit um Anti-EU-Comic: SPÖ will FPÖ-Förderung prüfen

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"Dumpfe Propaganda" oder "politische Bildung"? Die SPÖ will einen EU-feindlichen Comic der FPÖ prüfen lassen, der durch Fördermittel finanziert wurde. Die FPÖ beharrt darauf, der Comic wäre keine Parteiwerbung.

Brüssel als dekadenter Sündenpfuhl, die EU-Kommission als "abgehobene, undemokratische Runde" und der angeblich von SPÖ, ÖVP und Grünen betriebene EU-Beitritt Israels: Diese Darstellung der EU verschickt die FPÖ derzeit in ein Comic verpackt an Tausende Jungwähler - finanziert mit der staatlichen Förderung für politische Bildungsarbeit. Das Renner-Institut der SPÖ vermutet eine missbräuchliche Verwendung staatlicher Fördermittel und will eine Rückforderung vom "Freiheitlichen Bildungsinstitut" beantragen. Auch Politikwissenschafter Hubert Sickinger sieht die Finanzierung des Comic als "grenzwertige Geschichte". Die FPÖ verteidigt die Aktion.

FPÖ behauptet: "Keine Parteiwerbung"

"Das vorliegende Heft ist keine Parteiwerbung", heißt es gleich im Vorspann des blauen EU-Comics. Vielmehr gehe es "um politische Bildung und Info, die nicht langweilig ist". Nötig ist dieser Hinweis, weil das die Fördermittel, mit denen der Staat die Parteiakademien unterstützt, nicht für Wahlwerbung verwendet werden dürfen, sondern nur für Bildungsarbeit.

SPÖ will möglichen Verstoß prüfen

Der Direktor der SP-Parteiakademie "Renner-Institut", Karl Duffek, will nun prüfen lassen, ob die Kollegen von der FPÖ gegen die Auflagen des Publizistikförderungsgesetz verstoßen haben. Die Mittel der staatlichen Akademieförderung dürften nicht für "unmittelbare Wahlkampfaktivitäten" verwendet werden, erklärte Duffek. Er will daher den Beirat im Kanzleramt, der die Verwendung der Mittel prüft und in dem Vertreter von Parteien und Regierung vertreten sind, ersuchen, den Comic zu prüfen.

Auch Daniela Graf, geschäftsführende Obfrau der grünen Bildungswerkstätte, vermutet einen Missbrauch öffentlicher Gelder und will eine Rückzahlung erwirken. Es sei "beschämend", wenn öffentliche Gelder für politische Bildung missbraucht würden, noch dazu für einen "polemischen und miesen Wahlkampf".

Tendenziöser Tonfall für FPÖ "kein Problem"

FP-Generalsekretär Herbert Kickl verteidigt den Comic dagegen: "Das ist ja auch keine Wahlwerbung, sondern ein Beitrag zur politischen Bildung." Dass man damit letztlich jeden Info-Folder einer Partei unter "politische Bildung" verbuchen könnte, weist Kickl zurück: "Wir sehen das als innovative Bildungsform." Der tendenziöse Tonfall des Comics ist für ihn auch kein Problem: Die Grundausrichtung der Freiheitlichen Akademie werde natürlich von der Partei vorgegeben und die ÖVP-Akademie würde ja auch kein EU-kritisches Informationsmaterial verbreiten, so Kickl.

Politikwissenschafter: "Dumpfe Propaganda"

Kritik kommt aus Expertenkreisen. "Jedem Nicht-FPÖler wird das eher als dumpfe Propaganda vorkommen und nicht als staatsbürgerliche Bildungsarbeit", betont der Politikwissenschafter Hubert Sickinger. "Es ist kein Zufall, dass in den letzten Rechnungshofberichten insbesondere die FPÖ-Akademie geprügelt wurde", sagt Sickinger. Über eine eventuelle Rückforderung von Mitteln der Bildungsförderung müsste letztlich die Regierung auf Vorschlag des Kanzleramts entscheiden. In der Folge würde der Rechtsstreit wohl die Gerichte beschäftigen.

FP-Akademie schon öfter unter Kritik

Fraglich ist für Sickinger allerdings, ob sich die Regierung eine Rückforderung zutraut. Er verweist darauf, dass auch der äußerst kritische Rechnungshofbericht zur Verwendung der Akademieförderung der Jahre 2002 bis 2006 ohne Konsequenzen blieb. Damals hatte der Rechnungshof festgestellt, dass die damalige FP-Akademie der Mutterpartei 2000 und 2004 mit billigen Krediten über insgesamt 1,23 Mio. Euro ausgeholfen hatte, die teilweise nur schleppend abgestottert wurden. Dies sei "nicht mit den Zielsetzungen der Förderungsmittel vereinbar", hieß es im Bericht.

Auch andere Parteien nicht makellos

Leichtere Verfehlungen wurden allerdings auch bei den Instituten der anderen Parteien festgestellt. So hatte die Grüne Bildungswerkstatt Fördermittel für Projekte an Dritte weitergegeben und Projekte mit der Partei ohne schriftliche Vereinbarung über deren Kostenbeteiligung abgewickelt. Beim Renner-Institut der SPÖ kritisierte der Rechnungshof die hohen Aufwendungen für die Verleihung des jährlichen Bruno-Kreisky-Preises.

(Ag.)

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