TickerNachlese: Die Parteien debattierten über den Euro-Rettungsschirm. Die FPÖ ortete einen "Verfassungsputsch", Bundeskanzler Faymann verteidigte seine "Vorreiterrolle". Der umstrittene Autor Thilo Sarrazin gab sich ebenfalls die Ehre.
Im Nationalrat ist am Mittwoch der Europäische Stabalitätsmechanismus (ESM) angenommen worden. Die Stimmen der Grünen sicherten der rot-schwarzen Regierung die notwendige Zweidrittel-Mehrheit. FPÖ und BZÖ lehnen den Rettungsschirm ab. Sie verzögerten den Beschluss durch zeitraubende namentliche Abstimmungen im Parlament. Verhindern konnten sie ihn damit freilich nicht.
Die vorrangegange Debatte über den ESM war geprägt von lautstarken Wortgefechten. Gleich zu Beginn ortete FP-Chef Heinz-Christian Strache einen "Verfassungsputsch", denn SP-Kanzler Werner Faymann habe dem Volk versprochen, "über wichtige Verträge abstimmen zu dürfen". Dieses Versprechen habe er mit dem Nein zu einer Volksabstimmung gebrochen. Weiters nannte er den Euro-Rettungsschirm einen "Sado-Maso-Vertrag", denn "die Österreicher werden entmündigt, sie müssen zahlen ohne zu entscheiden."
Geht es nach der Regierung, soll der ESM künftig jenen Euroländern und Banken helfen, die ihre Schulden nicht länger selbst finanzieren können. Sein Grundkapital soll 700 Milliarden Euro haben. Österreichs Anteil wird 19,5 Milliarden Euro betragen. Das BZÖ, allen voran Bündnischef Josef Bucher, wetterte gegen diesen "Teufelspakt", der "uns noch mehr Schulden bringt, die ungeborene Generationen bezahlen dürfen."
Faymann zeigte sich unbeeindruckt und betonte in seiner Rede über die "Zukunft Europas" die Erfolge seiner Regierung. Der Euro-Rettungsschirm sei ein wichtiges Instrument, um "Österreich zu schützen". Seine Ansprache wurde immer wieder durch freiheitliche Parolen unterbrochen: "Volksabstimmung. Feigmann." Dazu hielt die FPÖ "Stoppt den ESM"-Schilder in die Höhe. VP-Vizekanzler Michael Spindelegger nahm den Spielball auf: "Stoppt den ESM meint stoppt den Wohlstand".
Ein solcher Schritt würde laut Spindelegger "jeden zehnten Österreicher zum Arbeitslosen machen". Ein Festhalten am Euro sei daher unbedingt notwendig, eine Rückkehr zum Schilling undenkbar. Grünen-Chefin Eva Glawischnig übte sich schließlich in der Verteidigung. Immerhin ist es ihre Partei, die der Regierung mit ihrem "Ja" zum ESM die nötige Zweidrittelmehrheit im Parlament verschafft. Sie hätte "ihre Seele als Partei" nicht verkauft. Weiters ärgerte sie sich über das "Geplärre und Gejammere" der alternativenlosen Freiheitlichen.
Während der Debatte - im Zuge derer mehrere Misstrauensanträge gegen die Regierung eingebracht wurden, die aber keine Mehrheit fanden - ließ sich auch der deutsche Ex-Bundesbanker und umstrittene Buchautor Thilo Sarrazin in den überfüllten Besucherreihen blicken.
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