Saualm: Das Asylwerberheim wirkt präventiv

(c) APA (Gert Eggenberger)
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Schlechte Kost, keine adäquate psychologische Betreuung. Im Asylwerberheim auf der Saualm sind 28 Männer untergebracht. Betreiberin und der Flüchtlingsbeauftragte des Landes Kärnten sehen keinen Handlungsbedarf.

Gespenstisch türmen sich die Wolken über der Pack auf. Die Bäume biegen sich unter den Sturmböen, die ein Sommergewitter ankündigen. Während es in Klagenfurt noch gut 30 Grad hat, sind es auf 1200 Meter Seehöhe nur mehr knapp 20. Doch die Aussicht von der Lichtung auf der Saualm ist sensationell. Den 28 Männern, die sich hier in der „Sonderanstalt für mutmaßlich straffällig gewordene Asylwerber" aufhalten müssen, wird der Ausblick ins Kärntner Lavanttal wohl ziemlich egal sein.
Fragen kann man die Männer danach nicht. Das Asylwerberheim ist in Privatbesitz und auf dem Grundstück herrscht für Unbefugte Zutrittsverbot. Bewacht wird es von zwei Security-Mitarbeitern, zum Haus lassen sie einen nicht vor. Diese beiden Herren kennt auch Pfarrer Johann Wornik, sie haben auch ihm in der vergangenen Woche den Zutritt verweigert. Vor einigen Wochen schon haben ihn Damen aus dem Ort, die in der Küche des Heims ausgeholfen haben, auf die Zustände aufmerksam gemacht. Das Essen sei schlecht, teilweise verdorben und viel zu wenig für die 28 Männer. „Das Essen ist inzwischen besser geworden", erzählt Wornik im Gespräch mit der „Presse am Sonntag". „Das wirkliche Problem ist die psychologische Betreuung. Die Männer sind sich dort oben selbst überlassen."

Das Asylwerberheim zu finden, ist schwierig. Wegweiser gibt es keine, man muss wissen, wo man hinfährt. Oder nach dem Weg fragen. Möglichkeiten dazu gibt es nicht viele, denn viele Bewohner gibt es hier oben nicht. Kilometerlang schlängelt sich die Straße an Wiesen vorbei, durch den Wald hinauf auf 1200 Meter Seehöhe. Rund um das ehemalige Kinderheim gibt es außer Natur und Gegend nicht viel. Es ist wie ein Gefängnis ohne Mauern.
Für Gernot Steiner, den Flüchtlingsbeauftragten des Landes Kärnten, ist auf der Saualm alles bestens: „Bei behördlichen Überprüfungen konnten, was Gebäude und die Verköstigung angeht, keinerlei Mängel festgestellt werden." Diesen Eindruck kann Pfarrer Wornik nicht teilen. Zu schwer wiegen die Vorwürfe, die in den letzten Wochen laut wurden. Betrieben wird das Heim von Herta Lechner, einer 78-jährigen Immobilienmaklerin, die in Villach noch ein zweites Asylheim führt. Ihr gehören Grundstück und Gebäude auf der Saualm. Geplant war, in der alpinen Abgeschiedenheit straffällige Asylwerber unterzubringen. Straffällig ist der Großteil nicht, eher schwer traumatisiert. „Sie haben keine professionelle Betreuung. Die einzigen ständigen Ansprechpartner sind die Security-Mitarbeiter", erzählt Wornik.

Unterschriften für Schließung. Um die Situation zu verbessern, versuchte Wornik, mit der Betreiberin zu sprechen. Bislang erfolglos. Dann startete er gemeinsam mit Mitgliedern seiner Pfarrgemeinde eine Unterschriftenaktion zur Schließung des Heims. Zuletzt gab es ein Treffen mit Steiner und Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler. „Eine Schließung ist keine Option", sagt Dörfler im Gespräch mit der „Presse am Sonntag". Er werde versuchen, zwischen Wornik und Lechner zu vermitteln. Termin sei noch keiner fixiert.
Herta Lechner betreibt das Heim seit 2008. Es war eine der letzten politischen Ideen des ehemaligen Landeshauptmanns Jörg Haider. Sie weist alle Vorwürfe zurück, hat über ihr Grundstück ein Zutrittsverbot verhängt und droht mit Klagen, wenn man sich negativ über sie äußert. Auf die Frage, wieso eine Immobilienmaklerin ein Asylwohnheim betreibe, antwortet Dörfler: „Das kann grundsätzlich jeder. Natürlich muss der Betreiber sich an gesetzliche Vorgaben und vertragliche Vereinbarungen halten. Deswegen gibt es Kontrollen und Überprüfungen."

Diese vertraglichen Vereinbarungen sieht Pfarrer Wornik nicht erfüllt. Zweimal pro Woche sollten die Asylwerber aufgrund des „besonderen Betreuungsbedarfs" die Möglichkeit zur Aussprache haben. Doch nichts würde geschehen. „Die sitzen den ganzen Tag auf der Alm und können nichts anderes tun als essen, schlafen und fernsehen." Betreuung im psycho-sozialen Bereich zusätzlich zum Angebot des Landes ist von der Betreiberin zur Verfügung zu stellen, bestätigt auch Steiner. Doch er fügt hinzu: „Das wird von den Asylwerbern nicht angenommen." Man könne von Frau Lechner nicht verlangen, ständig eine solch kostspielige Betreuung ohne Nachfrage zur Verfügung zu stellen. Zweimal die Woche schicke das Land Betreuerinnen, auch ein Deutschkurs werde „mit großem Zuspruch" abgehalten.

Der „besondere Betreuungsbedarf" ist auch in anderer Hinsicht relevant. Er bedeutet, dass die Betreiberin nicht 17 Euro pro Asylwerber und Tag bekommt, sondern 40 Euro. Das Land Kärnten kostet die „Sonderanstalt" jährlich 600.000 Euro. Laut Landesrechnungshof beliefen sich allein die Sicherheitskosten von 2008 bis Ende 2011 auf 411.000 Euro.

„Weniger Diebstähle". Steiner beruft sich immer wieder auf den gesetzlichen Rahmen und die durchgeführten Kontrollen. Auf die Frage, ob Frau Lechner geeignet sei, ein Asylwerberheim zu führen, meint der Landes-Flüchtlingsbeauftragte: „Das muss sie selbst entscheiden. Ich kann das nicht beurteilen." Auch er ist der Meinung, dass eine Schließung des Heims nicht zielführend wäre. Fast zynisch klingt es, wenn er sagt: „Das Asylwerberheim auf der Saualm wirkt präventiv. Die Diebstahlsdelikte unter Asylwerbern sind auch deswegen zurückgegangen."

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