Bundespräsident unterschreibt ESM und Fiskalpakt

Bundespraesident unterschreibt Fiskalpakt
Bundespraesident unterschreibt Fiskalpakt(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Wolfgang Jannach)
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Die letzte Hürde für das Inkrafttreten des Euro-Rettungsschirmes ist genommen. Österreichs Beteiligung liegt bei knapp 20 Milliarden Euro. FPÖ und BZÖ sehen Fischer als "Hüter der Verfassung disqualifiziert".

Bundespräsident Heinz Fischer hat am Dienstag den Fiskalpakt und Vertrag für den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) unterzeichnet. In einer Aussendung erklärte das Staatsoberhaupt, dass die Ratifizierung "auf Basis der einschlägigen Bestimmungen der Österreichischen Bundesverfassung und nach sorgfältiger Prüfung aller Gesichtspunkte" erfolgt sei.

"Überzeugende oder gar zwingende Gründe, die im Sinne der herrschenden Staatsrechtslehre eine Verweigerung der Ratifizierung erforderlich machen würden, nämlich offenkundige Verfassungswidrigkeit in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht, liegen nicht vor", begründete Fischer seine Unterschrift.

Nach dem Beschluss im Parlament ist damit die letzte Hürde für das Inkrafttreten des Fiskalpaktes und des ESM in Österreich genommen. Die österreichische Beteiligung am ESM liegt bei rund 2,2 Milliarden Euro in Cash sowie weiteren 17,3 Milliarden Euro an Garantien. Ziel des ESM ist, Euro-Krisenstaaten wie Griechenland vor einem Kollaps durch unbezahlbar hohe Anleihezinsen zu schützen. Der Fiskalpakt soll ein Ende der Schuldenpolitik in Europa bringen. Angestrebt werden nahezu ausgeglichene Budgets. Das jährliche strukturelle - also um Konjunktur- und Einmaleffekte bereinigte - Defizit eines Landes darf 0,5 Prozent der Wirtschaftskraft nicht übersteigen.

Strache: "Hüter der Verfassung disqualifiziert"

Scharfe Kritik an der Ratifizierung kam am Dienstag prompt von der FPÖ. Parteichef Heinz-Christian Strache meinte in einer Aussendung, Fischer habe sich damit "als oberster Hüter der Verfassung endgültig disqualifiziert". Der Präsident hätte sich bereits im Vorfeld der Abstimmung im Nationalrat für eine Volksabstimmung sowohl über den ESM als auch über die neuen Regeln gegen Staatsverschuldung in der EU aussprechen müssen.

Strache betonte zudem, dass damit den EU-Mitgliedern ihre Budgethoheit geraubt und eine "EU-Finanzdiktatur" installiert würde. Die FPÖ will daher gemeinsam mit Grünen und BZÖ eine Verfassungsklage gegen den Fiskalpakt einbringen. Der Text soll über den Sommer von drei von den Parteien nominierten Rechtsanwälten ausformuliert werden. Außerdem ist eine blaue Verfassungsklage sowohl gegen den Fiskalpakt als auch gegen den ESM über die Kärntner Landesregierung vorgesehen.

BZÖ: "Überflüssigkeit dieses Amtes"

Für BZÖ-Obmann Josef Bucher ist die Unterzeichnung von ESM und Fiskalpakt "ein erneuter Beweis für die Überflüssigkeit dieses Amtes". Fischer habe offenbar nicht die Kompetenz, mögliche Zahlungsverpflichtungen der österreichischen Steuerzahler an EU-Pleiteländer zu verhindern und die heimische Bevölkerung damit zu schützen, kritisierte Bucher in einer Aussendung.

Die Grünen zeigen sich am Dienstag enttäuscht. "Die Sparpolitik nach deutschem Wunsch und Muster, wie sie im Fiskalpakt angelegt ist, stellt nach diesem enttäuschenden Vorgehen des Bundespräsidenten eine Fortsetzung der Politik im Ausnahmenzustand dar", kritisierte Vizeklubchef Werner Kogler. Er warf Fischer vor, mit seiner "unzureichenden" Begründung auch die Bedenken von NGOs und Verfassungsexperten zu übergehen.

ESM & Fiskalpakt

Den ESM haben beinahe alle Mitglieder der Eurozone bereits ratifiziert. Allein eine Zustimmung Deutschlands und Italiens, die einen Anteil von 27 bzw. 18 Prozent des Schutzschirmes stellen, ist noch ausständig. Da mindestens 90 Prozent des eingezahlten Kapitals vertreten sein müssen, verzögern sie das Inkrafttreten des Stabilitätsmechanismus.

Bereits zugestimmt haben neben Österreich auch Spanien, Griechenland, Portugal, Irland, Slowenien und Zypern. Um in Kraft treten zu können, benötigt der Fiskalpakt die Zustimmung von mindestens zwölf der 25 Vertragsstaaten (EU-27 ohne Tschechien und Großbritannien). Seitdem Frankreich beim EU-Gipfel Ende Juni seinen Widerstand aufgegeben hat, gilt eine Umsetzung des europaweiten Sparplanes als fix.

(APA)

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Kommentare

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