Stronach-Kandidatur: Wer fürchtet sich vorm reichen Mann?

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SPÖ und ÖVP sehen mit der Stronach-Partei, die Ende September vorgestellt wird, vor allem der FPÖ eine Konkurrenz erwachsen - doch diese gibt sich gelassen. Alle rätseln indes, wen Frank Stronach ins Team holt.

Wien. Wem wird Frank Stronach schaden, wenn er (s)eine neue Partei im Herbst 2013 als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl führt? Die offizielle Einschätzung der etablierten Konkurrenz lautet: den jeweils anderen, uns nicht. Nach außen hin bleiben die Parteimanager nämlich demonstrativ gelassen. Aber das müssen sie wohl auch.

Inoffiziell hat der milliardenschwere Magna-Gründer mit seiner Ankündigung sehr wohl Nervosität in die politische Landschaft gebracht und so den Wahlkampf de facto eröffnet. Denn die Stronach-Partei, die Ende September vorgestellt wird, dürfte vor allem Protestwähler ansprechen, die sich frustriert von der traditionellen Parteipolitik abgewendet haben bzw. dank Kärnten und anderer Korruptionsfälle gerade dabei sind.

Das Potenzial seiner Bewegung bezifferte Stronach in der „Presse am Sonntag“ mit zehn Prozent. Das trauen ihm die anderen Parteien zwar nicht zu – den Nationalratseinzug aber allemal. Wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand.

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Stronach kommt der SPÖ gelegen

Der SPÖ käme eine Kandidatur des bald 80-jährigen Austro-Kanadiers gar nicht ungelegen. Weil sie davon ausgeht, dass Stronach besonders ihren Hauptgegner, die FPÖ, Stimmen kosten würde. „Sein Lebenswerk als Unternehmer muss man respektieren“, schickt SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter voraus. „Aber“, so ergänzt er im „Presse“-Gespräch bezüglich Stronachs Wunsch nach einem Euro-Ausstieg und der Absage an einen Rettungsschirm für EU-Krisenländer wie Griechenland, „offenkundig ist es eine simple und verantwortungslose EU-Politik. Da trifft er sich mit der FPÖ.“ Insofern ergebe sich vor allem für die Freiheitlichen eine „Konkurrenzsituation“.

Mit einer „Schilling-Nostalgie“ werde es eine selbst ernannte Wirtschaftspartei jedenfalls schwer haben – zumal in einem so exportorientierten Land wie Österreich, glaubt Kräuter: „Da wird er sich Erklärungsnotstand einhandeln.“

Ähnlich sieht das ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch: Er halte die Euro-Austrittsfantasien „für einen wirtschaftspolitischen Wahnsinn, der hunderttausende Arbeitsplätze kosten würde“. Strategisch sei es – andererseits – „logisch“, wenn sich Stronach als Anlaufstelle für Protestwähler zu positionieren versuche. Der ÖVP, sagt Rauch, werde das dennoch nur sehr eingeschränkt schaden. „Natürlich – jede Laus beißt. Aber treffen wird es die FPÖ und das BZÖ.“

Die Angesprochenen teilen diese Sicht der Dinge nicht – zumindest nicht nach außen hin. „Geld kann weder Fußball spielen, noch eine vernünftige Politik machen“, sagt etwa FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Einen „gewissen Wähleraustausch“ gebe es bei jeder Wahl. Aber dass sich die Bürger in großen Scharen Stronach zu- und von der FPÖ abwenden, hält Kickl für undenkbar: Letztlich gingen die Menschen lieber „zum Schmied, nämlich zur FPÖ, und nicht zum Schmiedl Stronach“.

Hinter den Kulissen wird inzwischen weiter gerätselt, welche Mitstreiter Stronach ins Boot holen könnte, nachdem er Weggefährten „aus mehreren Parteien“ angekündigt hat. Doch bisher soll er vor allem Absagen erhalten haben, unter anderem von Ex-Magna-Manager Siegfried Wolf.

Kolportiert werden die ehemaligen steirischen ÖVP-Landesräte Herbert Paierl (der auch als ÖIAG-Chef im Gespräch ist) und Gerhard Hirschmann. Die Tiroler ÖVP-Nationalratsabgeordnete Karin Hakl, die nach der Telekom-Affäre um ihr Mandat zittern muss, schloss eine Kandidatur für Stronach bereits aus. Für Ex-Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch, der im Vorjahr unfreiwillig diesen Posten räumen musste, sind solche Spekulationen aus der Luft gegriffen.

Schnabl agiert im Hintergrund

In ernsthaften Gesprächen mit dem politischen Quereinsteiger befindet sich die frühere Klubobfrau der FPÖ im steirischen Landtag, Waltraud Dietrich. Sie sei kontaktiert worden und habe „eine große Wertschätzung“ für Stronach, erklärte die heute parteilose Land- und Forstwirtin. Im Hintergrund, heißt es, sei ein SPÖ-naher Mann für Stronach tätig: Franz Schnabl, vormals ranghoher Polizist, von Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) aufs Abstellgleis gestellt, heute „Vicepresident Human Ressources“ von Magna Europe.

Am Montag wurde noch ein Detail bekannt: Bevor er sich entschloss, eine eigene Partei zu gründen, hatte Stronach auch mit dem Liberalen Forum (LIF) verhandelt. Eine Kooperation scheiterte aber an unterschiedlichen Auffassungen zur Europapolitik, wie Michael Pock, Vize-Bundessprecher des LIFs, der Austria Presseagentur erklärte.

Auf einen Blick

Magna-Gründer Frank Stronach (79) hat mit seiner Ankündigung in der „Presse am Sonntag“, eine neue Partei gründen und als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl 2013 führen zu wollen, Nervosität in die heimische Parteienlandschaft gebracht. Nach außen hin legen die etablierten Parlamentsparteien dennoch Gelassenheit an den Tag: SPÖ und ÖVP sind der Meinung, dass Stronachs Protestbewegung vor allem der FPÖ und dem BZÖ schaden werde. Die Freiheitlichen geben sich jedoch unbeeindruckt. Stronach will seine Bewegung Ende September vorstellen und bei der Wahl nächstes Jahr zehn Prozent erreichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2012)

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