Parteiwechsel: "Sozialer als viele mit SP-Parteibuch"

Gerhard Köfer
Gerhard Köfer(c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
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Der Kärntner Gerhard Köfer betont, bei seinem Übertritt zu Stronach sei kein Geld im Spiel. Der ESM war in der SPÖ „der Tropfen, der das Ganze zum Überlaufen gebracht hat“.

[Wien/Spittal an der Drau] Mit dem Kärntner SPÖ-Nationalratsabgeordneten und Bürgermeister von Spittal an der Drau, Gerhard Köfer (51), steht der erste Wechsel eines Parlamentariers zu der von Frank Stronach angekündigten neuen Partei fest. Diese Rochade heizt die Spekulationen, welche Politiker noch zu Stronach wechseln könnten, weiter an. Stronach will die Partei Ende September offiziell präsentieren.

Laut SPÖ-Klubchef Josef Cap hätte Köfer nach der Nationalratswahl 2013 sein Mandat verloren, weil nach einer Kärntner SPÖ-Regelung Bürgermeister größerer Städte kein überregionales Mandat mehr ausüben dürften. Köfer ist mit seinem Übertritt einem Parteiausschluss zuvorgekommen. Im Gespräch mit der „Presse" erläuterte Köfer die Beweggründe für die Entscheidung aus seiner Sicht.

Die Presse: Sie wechseln überraschend zur Partei von Frank Stronach. Was ist denn der Grund dafür?
Gerhard Köfer: Der wirkliche Grund ist, dass ich ein Angebot für eine Mitarbeit von Frank Stronach erhalten habe. Ich sage das bewusst: unentgeltlich, ohne auch nur einen Cent dafür zu bekommen. Ich halte das für eine sehr spannende Herausforderung. Ich bin jetzt 51 Jahre. Ich muss nicht mehr Karriere machen, ich muss nichts mehr beweisen.

Wann ist dieses Angebot gekommen?
Konkret diesen Montag am Abend. Natürlich hat es vorher schon Gespräche gegeben.

Und Geld oder ein Jobangebot waren da nicht im Spiel?
Ich brauche kein Geld, und ich habe einen Job als Bürgermeister (von Spittal an der Drau, Anm.). Das war nicht im Spiel.

Aber es ist doch äußerst ungewöhnlich, dass ausgerechnet ein Sozialdemokrat diesen Schritt macht. Frank Stronach gilt als dominante Unternehmerpersönlichkeit.
So unterschiedlich wir auch in der Art sind: Ich bin nicht jemand, der bedingungslos Ja sagt. Wer mich kennt, weiß, dass das nicht stattfindet. Aber in den Gesprächen, die wir geführt haben, war das fast eine väterliche Beziehung. Wir haben auch gestritten bei bestimmten Themen. Aber Stronach ist auch mit einer unglaublichen Qualität als Mensch ausgestattet.

Wo gibt es Differenzen? Stronach gilt doch als Wirtschaftsliberaler.
Ich war und bin Sozialdemokrat.

Und diese Gesinnung werden Sie jetzt auch nicht abgeben?
Ich habe das nicht in irgendeiner Garderobe abgegeben, überhaupt nicht. Ich bin der sozialdemokratische Part in dieser Bewegung. Jetzt können manche Sozialdemokraten, die sich darüber aufregen, nachdenken, was einen Sozialdemokraten auszeichnet. Ich bin an einem meiner Vormittage, an denen ich Sprechtage abhalte, sozialer als viele, die sich mit einem Parteibuch besonders hervortun. Für mich ist ein Sozialdemokrat auch jemand, der das lebt und umsetzt. Ich habe einen privaten Sozialfonds gegründet. Man muss mir jetzt nicht erklären, ich würde unsozialdemokratisch handeln.

Sie glauben wirklich, dass Sie das in Frank Stronachs neuer Partei umsetzen können?
Das ist mein Vorhaben. Ich bin gespannt, inwieweit ich mich da in der Gruppe durchsetzen kann. Mein Teil ist, die soziale Komponente dort einfließen zu lassen. Frank Stronach bringt als Mensch eine unglaublich soziale Ader mit.

Sie waren lange SPÖ-Mandatar. Wie groß war denn die Unzufriedenheit mit der jetzigen SPÖ-Führung?
Ich werde mir jetzt verkneifen, irgendwelche Bemerkungen dazu zu machen. Das war auch nie meine Art. Aber es waren sachliche Themen, wie etwa die Wehrpflicht oder der ESM (Euro-Rettungsschirm, Anm.).

Sind Sie gegen ein Berufsheer.
Ja, ich bin gegen ein Berufsheer.

Einer Ihrer Hauptkritikpunkte an der SPÖ in der jüngsten Vergangenheit war, dass Sie mit der Zustimmung zum ESM nicht einverstanden sind.
In Wahrheit war das der berühmte Tropfen, der das Ganze zum Überlaufen gebracht hat. Ich habe keinen Groll gegen jemanden, ich bin niemandem böse. Aber jetzt bin ich wirklich froh, dass ich diesen Schritt gemacht habe. Heute habe ich fast 500 positive Rückmeldungen bekommen.

Haben Sie kein Problem, wenn in der neuen Partei Stronach womöglich auch die ehemalige steirische FPÖ-Klubobfrau Dietrich oder eventuell BZÖ-Politiker dabei sein werden?
Das soll eine Bewegung sein, die für die Bürger da ist. Man soll sich jetzt langsam von der bisherigen Art von Politik trennen. Beispiel: Parlament. Es gibt einen guten Vorschlag, etwa von der FPÖ, da sitzt einer der Mandatare neben mir. Ich sage: „Das ist ein toller Vorschlag", dann sagt er: „Steh auf!" Dann sage ich: „Kann ich nicht!" Auch das sollte vorbei sein, dass das der politische Gegner ist. Das will ich in der Form nicht aufrechterhalten.

Stronach hat erklärt, er hoffe auf mindestens zehn Prozent der Stimmen. Ist das für Sie realistisch?
Nachdem ich Realpolitiker bin, halte ich acht bis zehn Prozent für möglich.

Warum geben Sie Ihr Parlamentsmandat nicht ab, wie das die SPÖ jetzt fordert?
Ich sehe dazu keine Veranlassung. Ich habe in Kärnten die meisten Vorzugsstimmen bekommen für dieses Mandat. Außerdem habe ich erstmals die Möglichkeit, mein Mandat so auszuüben, wie es eigentlich richtig wäre - nämlich im Sinne meiner Wähler. Ich muss nicht sitzen bleiben und nicht aufstehen. Auf Zuruf von jemandem werde ich es nicht zurückgeben.

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