Die Volkspartei setzt im Herbst auf Wirtschaftspolitik. Pühringer übergab dem "richtigen Bergführer" Spindelegger einen Energierucksack. Als stiller Gast mit an Bord: Stronach und seine politischen Ambitionen.
Mondsee. Schwarze Limousinen, Dirndlkleider und Trachtenjanker, Blasmusik: Am Ufer des Mondsees haben die Touristen an diesem trüben Augusttag einiges zu staunen. „Ist das ein ÖVP-Treffen?“, fragt eine Deutsche und staunt nicht schlecht, als sie die österreichische Finanzministerin Maria Fekter im grünen Dirndl erkennt. Auch Justizministerin Beatrix Karl trägt ein Dirndlkleid – bleibt allerdings von den Touristen unerkannt. ÖVP-Chef Michael Spindelegger hat sein schwarzes Team am Donnerstag zu einem Schiffsausflug mit der „Mondseeland“ geladen – Dresscode Tracht.
Eine traditionsreiche Marktgemeinde mit florierender Wirtschaft – ein passender Ort, um für die Herbstarbeit zu werben und mit netten Bildern von Problemen der Gegenwart abzulenken. Nur das Wetter spielt nicht mit: grauer Himmel, grauer See. Die Sekretärinnen frieren in den Dirndlkleidern.
Als stiller Gast mit an Bord: der Industrielle Frank Stronach und seine politischen Ambitionen. Dass ausgerechnet ein SPÖ-Abgeordneter, Gerhard Köfer, der Erste war, der sich der neuen Partei des Austro-Kanadiers anschloss, sieht man in der ÖVP-Führung mit einer gewissen Genugtuung. Dass der Industrielle auch den einen oder anderen ÖVP-Mandatar zum Wechsel überreden könnte, schließt Generalsekretär Hannes Rauch im Gespräch mit der „Presse“ so gut wie aus. Hundertprozentig sicher könne man nie sein. Spindelegger weiß von sieben oder acht Parteifreunden, bei denen Stronach erfolglos angeklopft hat.
„Politik kannst da net kaufen“, meint Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich zur „Presse“. Das komme bei den Wählern nicht gut an. Auch sonst gibt man sich in der ÖVP betont gelassen. „Wettbewerb belebt das Geschäft“, sagte Rauch. Inhaltlich habe sich Stronach mit seiner Botschaft „Raus aus dem Euro“ ohnehin schon entzaubert. Wer so etwas verlange, schade der Wirtschaft und dem Land.
„Kein Arbeitsplatz vom Zurückblicken“
Wirtschaftskompetenz ist das Thema, mit dem Spindelegger die ÖVP im Herbst positionieren will. Man müsse in die Zukunft blicken, auch wenn in den vergangenen Wochen „viele unangenehme, grauenhafte, ja abstoßende Dinge“ passiert seien. „Wir haben als ÖVP unseren Teil zu lernen. Aber wer nur zurückblickt, der schafft keinen Arbeitsplatz“, gibt Spindelegger als Parole aus. Jungunternehmerfonds, Verwaltungsreform oder Teilbildungskarenz seien wichtige Initiativen, bei denen die ÖVP Akzente gesetzt habe. Gerade weil auf EU-Ebene in den nächsten Monaten nicht mit einem großen Wachstumskurs zu rechnen sei, müsse man sich nun auf Wirtschaft konzentrieren. Ohne Wachstum gebe es keine Arbeitsplätze und keinen Wohlstand. „Reformgeist ist das Einzige, was uns weiterbringt“, betont Spindelegger. Solidarität verlangte er auch für die Bauern. Die würden nicht Millionen kassieren, sondern gesunde Lebensmittel produzieren.
Hausherr Landeschef Josef Pühringer – wie Spindelegger ein treuer Mondsee-Urlauber – schenkt diesem einen Energierucksack mit Bauernbrot, Geselchtem und Schnaps. „Für unseren richtigen Bergführer“, betont Pühringer beziehungsvoll. Bei strömendem Regen geht es von Bord – ein ÖVP-Schirm war für manches Dirndl die letzte Rettung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2012)