ÖVP-Wirtschaftsbund-Generalsekretär Haubner warnt den Industriellen: "Es kann nicht sein, dass man sagt, man dreht das Rad der Zeit zurück." Andrea Kdolsky dementiert eine Mitarbeit in der Stronach-Partei.
So schnell wird man als Parteigründer in spe zum politischen Reibebaum. Milliardär Frank Stronach hat zwar zuerst mit Gerhard Köfer einen Kärntner SPÖ-Nationalratsabgeordneten geködert – doch der heftigste Gegenwind weht dem Industriellen öffentlich aus der ÖVP und dem schwarzen Wirtschaftsbund entgegen. Die ÖVP-Parteiführung, die um verstärkte europapolitische Akzente bemüht ist, findet Stronachs strammen Anti-Eurokurs schlicht „lächerlich“.
Der Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Peter Haubner, nimmt dessen Ankündigung, „je früher umso besser“ aus dem Euro auszusteigen, noch schärfer aufs Korn. „Da hat er sich wirtschaftspolitisch disqualifiziert“, konstatiert Haubner im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Denn Österreich verdiene sechs von zehn Euro im Export.
Stronachs Pläne für einen Euroausstieg stellten eine „Gefährdung des Wirtschaftsstandortes“ Österreich dar, betont Haubner. Der ÖVP-Wirtschaftsbund arbeite hingegen an einer Stärkung des Standortes, indem etwa Druck für eine Reduktion der Staatsschulden gemacht werde. Für Haubner geht Stronachs Vorhaben daher in die verkehrte Richtung: „Es kann nicht sein, dass man sagt, man dreht das Rad der Zeit zurück.“ Denn: „Das wird das Land wirtschaftlich nicht weiterbringen.“
Auch außerhalb des Wirtschaftsbundes haben die Überlegungen zum Euroausstieg Verwunderung ausgelöst. Damit habe Stronach große Wirtschaftsbosse einigermaßen verschreckt, heißt es. Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass er damit bei kleineren Betrieben auch Zuspruch ernten könne.
Stronach, der Anfang September seinen 80. Geburtstag feiert, scheint sich durch die Kritik aber nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Am Freitagnachmittag war er in Spittal an der Drau, der Heimat seines neuen Mitstreiters Gerhard Köfer, viel bestaunter Gast. Und überraschte mit neuen Ansagen: Er wolle mit seiner Partei bei der Nationalratswahl im nächsten Jahr 20 bis 30 Prozent der Stimmen erreichen. Bisher hatte er zehn Prozent als Ziel genannt. Außerdem hofft der Austro-Kanadier, dass seine Partei den nächsten Kanzler stellt. Wobei das nicht er selbst sein werde: Er sei kein Politiker, spreche aber „mit sehr interessanten Leuten“, erklärte Stronach.
Antritt in Kärnten? Ob seine Partei auch bei einer Neuwahl in Kärnten kandidieren werde, will Stronach Köfer überlassen: „Das ist seine Entscheidung. Gerhard kennt sich da besser aus.“ Köfer selbst, Bürgermeister in Spittal an der Drau, schloss nicht aus, als Spitzenkandidat der Stronach-Partei in die nächste Landtagswahl zu gehen. Die Entscheidung soll kommende Woche fallen.
Die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (ÖVP) dementierte am Samstag Gerüchte, wonach sie in Stronachs Partei mitarbeiten werde: Ein derartiges Engagement stehe nicht zur Diskussion, so Kdolsky in einer schriftlichen Stellungnahme. „Ich habe beim Ausscheiden aus meinem politischen Amt deutlich festgehalten, dass dieses Kapitel für mich abgeschlossen ist – daran hat sich nichts geändert.“ Dafür hat Stronach die ehemalige Handball-Nationalspielerin Karin Prokop engagiert – die Tochter der 2006 verstorbenen Innenministerin Liese Prokop (ÖVP).
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2012)