Schützenhöfer: „Das ist ein Armutszeugnis der Regierung“

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Der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer kritisiert die Entscheidungsschwäche der Regierung in Sachen Bundesheer. Und fordert einen verpflichtenden Dienst am Staat von Männern und Frauen.

DiePresse: In der ÖVP war es in den letzten Tagen recht turbulent, von Machtkampf und Putsch war die Rede. Woher kommt diese Unruhe?

Hermann Schützenhöfer: Es ist Sommer, es ist heiß, da können manche das Wasser nicht halten und profilieren sich auf Kosten der Partei. Das ist schädlich. Wenn es intern etwas zu besprechen gibt, dann tun wir das, ohne damit die Öffentlichkeit zu behelligen. Wenn es gilt, eine Entscheidung bekannt zu geben, dann soll man es tun, wenn man sie getroffen hat.

Vor Kurzem haben Sie gesagt: Wir gehen mit Michael Spindelegger in die Nationalratswahl 2013. Können sie das heute noch genauso unterschreiben?

Zu 100 Prozent. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es so sein wird.

Reinhold Lopatka wird Staatssekretär im Außenministerium – ist das eine Entscheidung, die Sie mit der Bundes-ÖVP wieder versöhnt?

Michael Spindelegger hat Wort gehalten. Schon vor einem Jahr haben wir alle Irritationen ausgeräumt. Er hat mir damals gesagt, dass er qualifizierte Personen aus der Steiermark bei sich bietender Gelegenheit berücksichtigen wird.

Eine solche würde sich in Kürze wieder bieten: Wird Herbert Paierl nächster Chef der Staatsholding ÖIAG?

Da sollte die Politik sich mit guten Ratschlägen fernhalten. Er ist ganz eindeutig für diesen Posten geeignet. Er kommt aus der Wirtschaft und kennt das politische Geschäft.

Herbert Paierl hat gute Verbindungen zu Frank Stronach. Es ist sicher angenehm, ihn in der ÖVP zu halten und nicht an Stronachs Partei zu verlieren.

Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wenn er ÖIAG-Chef wird, wird er es nicht, damit er nicht bei Stronach anheuert, sondern weil er der Bestqualifizierte für diesen Posten ist.

Wie schätzen Sie die politischen Ambitionen von Frank Stronach ein?

Stronach hat tausende Arbeitsplätze in der Steiermark geschaffen. Für mich ist er ein Ehrenmann. Das formuliere ich auch heute nicht anders. Frank Stronach hat sich bei der Landtagswahl 2010 in der Steiermark für Franz Voves engagiert. Er kandidiert nun mit einer eigenen Partei. Ich sage nur so viel: Die Parteien sollten nicht auf ihn eindreschen, um ihm so die Wähler zuzutreiben, sondern sie sollten vom demokratischen Grundsatz ausgehen, dass es Konkurrenz gibt.

Halten Sie die von Stronach angepeilten zehn Prozent für realistisch?

Ich kenne Stronach ganz gut, habe aber keine Ahnung, wie er den Wahlkampf anlegen wird. Ich rate meiner Partei, keinerlei Ausgrenzungen vorzunehmen, sondern den Dialog mit allen Parteien, die ins Parlament kommen, zu suchen. Die ÖVP sollte sich als stabile, verlässliche Kraft mit einem Spitzenkandidaten präsentieren, der nicht die schnelle Überschrift sucht, sondern zur Überschrift auch Inhalte liefert. Ich glaube, dass ist die Chance des Michael Spindelegger.

Wenn Sie sagen, die ÖVP sollte niemanden ausgrenzen – meinen Sie damit die FPÖ?

Das betrifft die FPÖ, das betrifft aber auch die Grünen. Abgrenzen ja, ausgrenzen nicht. Parteien auszugrenzen, die nicht durch Putsch, sondern durch demokratische Wahlen ins Parlament gekommen sind, hieße auch deren Wähler auszugrenzen. Mit dem Herrn Strache täte ich mir schwer, aber warten wir einmal ab, wer in einem Jahr an der Spitze der FPÖ steht.

Ist es legitim, dass Frank Stronach während einer Legislaturperiode Nationalratsabgeordnete abwirbt, um den Klubstatus zu erreichen?

Da bleibt ein schaler Beigeschmack. Aber wenn es mit rechten Dingen zugeht, muss ich das zur Kenntnis nehmen. Würden Abgeordnete gekauft werden – was ich nicht weiß –, dann wäre es fatal. Die andere Frage ist, ob es hinsichtlich der Rechtslage der Weisheit letzter Schluss ist, auf diese Art Parlamentsklubs zu gründen. Man sollte keine Anlassgesetzgebung machen, weil einem der Herr Stronach nicht passt. Wenn er die fünf Abgeordneten zusammenbekommt, ihm dann noch den Klubstatus zu verweigern, das würde Stronach nur Wähler zutreiben.

Welches Bundesheer- bzw. Wehrpflicht-Modell bevorzugen Sie?

Ich glaube, dass es ein Armutszeugnis der Regierung ist, dass sie sich in dieser elementaren Frage nicht einig ist. Europa ist von Krisen geschüttelt, die Welt ist unsicher – und die österreichische Bundesregierung ist nicht in der Lage, ein klares Bekenntnis zur allgemeinen Wehrpflicht abzugeben. Das ist schrecklich. Ich persönlich bin für die allgemeine Wehrpflicht. Darüber hinaus sollte es einen Österreichdienst für junge Frauen und Männer geben. Jede und jeder sollte beim Heer oder in einem Sozialbereich verpflichtend einige Monate des Lebens für den Staat arbeiten, um einen kleinen Teil von dem zurückzugeben, was jeder von uns vom Staat erhält. Mit dieser Befragung bin ich nicht glücklich. Österreichs Bundesregierung ist nicht in der Lage, die Wahrheit zu sagen.

Was ist denn die Wahrheit?

Die Wahrheit ist, dass wir uns entscheiden müssen: Treten wir der Nato bei oder nicht? Die Wahrheit ist, dass wir längst nicht mehr neutral sind. Das sagen wir den Menschen aber nicht. Österreich schlängelt sich durch. Dadurch ist diese Bundesregierung nicht glaubwürdig. Und die Menschen merken das.

Zur Person

Hermann Schützenhöfer übernahm die Führung der steirischen Volkspartei nach der Niederlage Waltraud Klasnics bei der Landtagswahl 2005. Bei der Wahl 2010 verlor aber auch Schützenhöfer gegen SPÖ-Chef Franz Voves. Der 60-Jährige ist Vizelandeshauptmann und für die Bereiche Tourismus, Gemeinden, Personal und Volkskultur zuständig. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sein Sohn ist Kabinettschef von Justizministerin Beatrix Karl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2012)

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