Wie die ÖVP gegen ein Berufsheer mobil macht

(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
  • Drucken

Bei einer Enquete der Christgewerkschafter attackierte die ÖVP Norbert Darabos scharf. Am Freitag verhandelt der Verteidigungsminister mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner über den Wortlaut der Befragung.

Wien. Von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner über den Zweiten Nationalratspräsidenten und Chef der Beamtengewerkschaft, Fritz Neugebauer, bis hin zu Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz: Die ÖVP trommelte am Donnerstag alle möglichen Kräfte zusammen, um gegen ein Berufsheer und für die Wehrpflicht zu mobilisieren. Sogar ehemalige Grundwehrdiener, die von ihrem Dienst begeistert erzählten, fehlten nicht. Sie alle kamen bei einer Enquete der Christgewerkschafter in Wien zusammen.

Dort wurde vor allem Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) heftig attackiert: „Das einzige, was in diesem Heer nicht professionell ist, ist die politische Führung“, sagte der Präsident der Offiziersgesellschaft, Eduard Paulus. Milizverbandspräsident Michael Schaffer bezeichnete Darabos als „Totengräber der Landesverteidigung“. Werner Kerschbaum vom Roten Kreuz warnte vor einer „drastischen Reduktion der Leistungen“, wenn der Zivildienst ohne tauglichen Ersatz abgeschafft wird.

Laut Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger verdient das derzeitige Bundesheer seinen Namen nicht mehr. Darabos würde ständig gegen die in der Verfassung verankerte Wehrpflicht agieren und sie mit Pilotprojekten aushöhlen. „Das ist kein Zustand, daher brauchen wir eine Entscheidung.“ Das sei auch der Grund für die Volksbefragung im Jänner 2013. Und so wie sich Darabos in seinem Kampf für das Berufsheer immer wieder Unterstützung aus seinem Vorbildland Schweden holte, lud auch die ÖVP am Donnerstag einen internationalen Gast ein: nämlich den Schweizer Bundesrat für Verteidigung, Ueli Maurer.

Unterstützung aus der Schweiz

Auch die Schweizer Bevölkerung könnte im nächsten Jahr über das Heer abstimmen. Maurer würde aber „die Hand dafür ins Feuer legen“, dass sie pro Wehrpflicht ausgehen werde. Bei dieser Frage gehe es schließlich um die „Existenz des Staates“. Maurer und Mikl-Leitner betonten auch, dass bei großen und länger andauernden Katastrophen nur ein Wehrpflichtigen-Heer das nötige Durchhaltevermögen habe. Ein Berufsheer sei in Krisenzeiten zu klein und in normalen Zeiten zu groß, so Maurer.

Wie weit die Positionen der Koalitionsparteien in der Heeresdebatte auseinanderliegen, zeigte sich wenig später auch in einer Aussendung: Mikl-Leitner würde mit „Unwahrheiten“ hantieren, konterte Darabos. Dass die Katastrophenhilfe mit einem Berufsheer nicht gewährleistet wäre, bestritt er.

Mikl-Leitner beteuerte am Donnerstag dennoch, dass die Wehrpflichtdebatte „konstruktiv, aber sehr lebhaft“ verlaufe. Heute, Freitag, treffen sich die beiden Verhandler, um den genauen Text der Volksbefragung zu formulieren. Außerdem hat Mikl-Leitner für Freitag und Montag die Zivildienst-Trägerorganisationen zum Gespräch geladen. Am Donnerstag treffen diese Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). Es geht darum, einen Zivildienst-Ersatz zu finden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.