Höchstgerichtschef ist für Wehrpflicht

Hoechstgerichtschef fuer Wehrpflicht
Hoechstgerichtschef fuer Wehrpflicht(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Präsident Gerhart Holzinger befürwortet Volksbefragung, nimmt aber Neutralitätskampagne und Berufsheerkosten ins Visier. Spindelegger warnt vor "Vollkasko"-Denken bei Sicherheit.

Wien/Red./Apa. Die PR-Offensiven der beiden Regierungsparteien für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht (ÖVP) beziehungsweise den Umstieg auf ein Berufsheer (SPÖ) sind bereits im Laufen. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), Gerhart Holzinger, hält zwar aus demokratie- und gesellschaftspolitischen Überlegungen die Volksbefragung am 20.Jänner 2013 zur Zukunft des Heeres für „gut“. Er selbst bekannte in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag offen: „Aus heutiger Sicht bin ich für die Wehrpflicht.“ Er sei zwar selbst oft „sehr frustriert“ beim Heer gewesen, halte es aber für gut, wenn junge Männer eine Zeit lang eine Leistung für den Staat erbringen.

Zugleich stellte er zentrale Argumente der Koalitionsparteien infrage. So sei die Neutralität unabhängig von der Form des Heeres: „Man kann neutral sein mit einem Berufsheer. Man kann neutral sein mit der allgemeinen Wehrpflicht.“ Damit wandte er sich gegen Aussagen der ÖVP, die in einem Papier an Funktionäre zur Volksbefragung behauptet, die Abschaffung des Wehrdienstes bedeute „die Aufgabe unserer Neutralität“.

Für Holzinger gibt es auch „gute Argumente“ für ein Berufsheer. Allerdings bezweifelt er die Position von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ), dass ein Berufsheer nicht teurer kommt. Er fürchte, dass ein Berufsheer Österreich bei den Kosten einiges abverlangen werde, warnte der Höchstgerichtspräsident.

Finnland: Berufsheer viel teurer

Dabei zeigt sich vor allem, dass beide Länder deutlich mehr als Österreich für die Landesverteidigung ausgeben und Österreich überdies bei der Ausrüstung nachhinkt. Finnland setzt hingegen weiter auf die Wehrpflicht und stützt sich dabei auf eine Studie, wonach ein Berufsheer viermal so viel kosten würde wie die bestehende Wehrpflicht.

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs nützte seinen TV-Auftritt nicht nur zu einem Bekenntnis zur Heeres-Volksbefragung, sondern mahnte die Regierung, das Volk mittels Abstimmungen mehr in Entscheidungen einzubinden.

Für mehr direkte Demokratie

„Wir sollten in Österreich mehr direkte Demokratie wagen.“ Und: „Auf Krisensymptome muss man einfach reagieren.“ Am „wichtigsten“ sei eine Wahlrechtsreform weg von den bisherigen Kandidatenlisten der Parteien hin zu mehr Persönlichkeitselementen.

Nach der Festlegung des Textes für die Volksbefragung spitzt sich die Diskussion vorerst um den Ersatz für den Zivildienst, an dem die ÖVP festhalten will, zu. Der Präsident des Bundesfeuerwehrverbandes, Albert Kren, sprach sich im ORF-Radio gegen die Berufsheer-Pläne von Verteidigungsminister Darabos aus. Seine Begründung: Prämien für Soldaten bei Katastropheneinsätzen wären für die Motivation der Feuerwehr, die gratis arbeite, schlecht. Darabos hält dem entgegen, ein künftiges „Profiheer“ sei keine Konkurrenz. Schon bisher gebe es Prämien für Milizsoldaten.

Vizekanzler ÖVP-Chef Michael Spindelegger nützte das Erntedankfest auf dem Wiener Heldenplatz zum Bekenntnis zur Wehrpflicht. Im Jänner gehe es darum, ob es einen Systemwechsel gebe, weg von Wehr- und Zivildienst zu etwas, „was wir noch gar nicht richtig sagen können“. „Da sage ich: Nein, danke. Bleiben wir auch bei der Solidarität in Österreich.“ Und: „Die Vollkasko-Gesellschaft in Österreich gibt's nicht, sorgen wir selbst für unsere Sicherheit.“

Erst 210 Millionen durch Verkäufe

Verteidigungsminister Darabos hat noch ein anderes Problem. Die Verkäufe von knapp 130 Heeres-Immobilien brachten bisher laut einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage 210 Millionen Euro, das ist nur rund die Hälfte des erhofften Erlöses.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2012)

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