Die Angst der Koalition vor früher Wahl

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Bruch der Regierung? Die Spannungen zwischen SPÖ und ÖVP nehmen zu. In der SPÖ wird auf baldige Wahlen gedrängt. Aber die Parteispitze steht zur Herbstwahl 2013. Rudas will dafür sogar die „Hand ins Feuer“ legen.

Wien. Ein Jahr vor dem regulären Termin der Nationalratswahl 2013 herrscht Wahlkampfatmosphäre zwischen SPÖ und ÖVP. SPÖ-Politiker, angefangen beim Vorarlberger SPÖ-Chef Michael Ritsch, sagen offen, sie würden lieber heute als morgen die Koalition mit der ÖVP beenden. In der Bundesregierung ist die Werbeschlacht mit gegenseitiger Attacke auf den Koalitionspartner vor der Volksbefragung über Wehrpflicht oder Berufsheer voll ausgebrochen. Die Vermögensteuern spalten die Koalition, der ÖVP-Widerstand treibt die SPÖ zur Weißglut. Im Korruptionsuntersuchungsausschuss stimmt die ÖVP nur mit Zähneknirschen nicht für eine Ladung von Bundeskanzler Werner Faymann.

Bei der Tagung des SPÖ-Parlamentsklubs in Wien bekräftigte die SPÖ-Führung mit Bundeskanzler Werner Faymann dennoch, dass es beim Wahltermin im Herbst 2013 bleiben werde. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas will dafür sogar die „Hand ins Feuer“ legen.

Empörung in SPÖ über „Diebe“

Die Bundespartei bremste damit auch Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl: Dieser hat in der „Kronen Zeitung“ der ÖVP mit vorgezogenen Neuwahlen gedroht. Anlass für die Empörung in der SPÖ ist, dass ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf wegen der Vermögenssteuern geätzt hat, die ÖVP müsse Österreich vor „Dieben“ und Sozialdemokraten schützen.

Zwar liegt in Umfragen die SPÖ deutlich besser als die ÖVP und käme ungefähr auf das – allerdings schwache – Wahlergebnis von 2008 (damals: 29,3 Prozent). Es gibt aber für beide Regierungsparteien Gründe, warum sie eine Vorverlegung der Wahl – der frühestmögliche Termin wäre technisch der heurige Spätherbst – scheuen. SPÖ-intern kursieren allerdings Überlegungen, die Nationalratswahlen von Ende September auf das Frühjahr 2013 vorzuverlegen.

Warum scheut sich die SPÖ?
•Im Regelfall werden vorgezogene Neuwahlen von den Wählern nicht goutiert. Die SPÖ müsste bei einem von ihr eingeleiteten Bruch der Koalition und einem frühzeitigen Ende der Legislaturperiode fürchten, dafür vom Wähler „bestraft“ zu werden.
•Platzt die Regierung, weil die SPÖ einer Ladung Faymanns in den U-Ausschuss nicht zustimmt, geraten die Sozialdemokraten in Argumentationsprobleme. Denn bei einer Verweigerung einer Befragung des Bundeskanzlers im U-Ausschuss könnte der Eindruck entstehen, die SPÖ versuche, etwas zu vertuschen. Das ist problematisch, weil die Bevölkerung ohnehin durch diverse Korruptionsaffären sensibel geworden ist und den Politikern generell viel Misstrauen entgegenbringt.
•Dazu kommt, dass es ohnehin gegenüber beiden Regierungsparteien latente Unzufriedenheit bei den Österreichern gibt. Der Grund: SPÖ und ÖVP wird vorgehalten, dass sie zu wenig umsetzen und der Krise um den Euro recht machtlos gegenüberstehen.
•Die ÖVP hat überhaupt kein Interesse an baldigen Neuwahlen, da sie ein weiteres Abrutschen in der Wählergunst befürchten muss.
•Lehnt die ÖVP eine Ladung Faymanns in den U-Ausschuss ab, muss die ÖVP gleich mit zwei Handicaps im Fall baldiger Neuwahlen rechnen: dass ihr vorgehalten wird, gegenüber der Kanzlerpartei klein beizugeben, und womöglich selbst etwas zu verbergen hat.

Auf einen Blick

Umfragen. Nach den Befragungen der Institute OGM, Market und Gallup vom September liegt die SPÖ bei 28 bis 30 Prozent (Wahl 2008: 29,3%); die ÖVP käme auf 21 bis 24 Prozent (2008: 26,0%), die FPÖ auf 20 bis 23 Prozent (2008: 17,5%), die Grünen auf 12 bis 15 Prozent (2008: 10,4%), das BZÖ auf drei Prozent (2008: 10,7%), Stronach auf 6 bis 10 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2012)

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