Die Eckpunkte von Stronachs Grundsatzprogramm

Die Eckpunkte von Frank Stronachs vorläufigem Grundsatzprogramm - verglichen mit dem Status quo und einer ersten Bewertung unterzogen.

1Öffentliche Verwaltung/Sozialversicherung: Reduktion der 21 Sozialkassen

In seinem 30-seitigen Grundsatzpapier, das am Donnerstag vorgestellt wurde – das eigentliche Parteiprogramm wird erst im Frühjahr präsentiert – spricht sich Frank Stronach für einfachere Strukturen in der Verwaltung sowie eine konsequente Verwaltungsreform aus. Damit läuft er grundsätzlich auch bei den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP offene Türen ein. Das Problem war bisher allerdings die fehlende Umsetzung. Mit der Forderung nach bürokratischen Erleichterungen für die Wirtschaft trifft er sich voll mit diesbezüglichen Anliegen der ÖVP.

Am konkretesten sind die Pläne der Stronach-Partei für eine Reduktion und Zusammenlegung der 21 Sozialversicherungen und Krankenkassen. Damit wird eine langjährige Forderung der FPÖ noch zur Obmannzeit von Jörg Haider neu belebt. Vermisst werden hingegen ganz konkrete Einsparpläne in der öffentlichen Verwaltung.

2Landesverteidigung: Berufsheer mit Zeitsoldaten für zwei Jahre, Zivildienst freiwillig.

Stronach schwebt ein zweijähriger, freiwilliger Dienst an der Waffe vor. Daneben soll es – ebenfalls auf freiwilliger Basis – die Möglichkeit eines zweijährigen Zivildienstes geben. Mit dieser Art von Berufsheer liegt Stronach eher auf SPÖ-Linie, die sich für die Abschaffung der derzeit gültigen Wehrpflicht stark macht. Damit liegt Stronach auch im europäischen Trend, der Freiwilligkeit bei der Landesverteidigung den Vorzug zu geben. Und auch ein Zwang zum Zivildienst wäre aus liberaler Sicht nur schwer zu argumentieren. Nicht ganz lösen kann sich Stronach von der Neutralität: „Wir wollen unsere Rolle als neutrales Land innerhalb der europäischen Sicherheitsarchitektur selbstbewusst wahrnehmen“, heißt es. Die Ansage eines Nato-Beitritts wäre mutiger gewesen.

3Euro: Stronach will zu nationalen Währungen und flexiblen Wechselkursen zurück.

Zuerst sorgte Stronach für Aufsehen, weil er den Schilling wieder einführen wollte. Dann änderte er seine Meinung. Jetzt will Stronach: Den Schilling wieder einführen – aber unter neuem Namen. Er plädiert für ein System nationaler Währungen mit flexiblen Wechselkursen. Also im Prinzip jenes System, das dem Euro vorangegangen ist. Der Vorschlag darf durchaus als unumsetzbar bezeichnet werden und widerspricht auch der wirtschaftsliberalen Parteilinie, weil er den nationalen Regierungen die Kontrolle über die Notenpresse zurück geben würde. Das würde Österreich und Europa zwar kurzfristig helfen, langfristig aber um Jahrzehnte zurückwerfen.

4Steuern: Die „Fair tax“, Stronachs „Flat tax“, soll das Steuersystem revolutionieren.

Mit dem Umfang des österreichischen Steuerrechts verhält es sich wie mit dem Universum: Es ist schon unendlich – und dehnt sich dennoch aus. Stronach will das beenden – und ist nicht der erste. Flat-Tax Ideen kommen oft daher und gehen noch schneller. Die Umsetzung ist immer schwieriger als theoretische Konzeption. In Stronachs Parteiprogramm kommt die „Fair-Tax“ zwar vor, ein konkretes Ziel für den Steuersatz wird aber nicht mehr genannt. Bei der Partei-Präsentation am Mittwoch präzisierte der Magna-Gründer: Binnen fünf Jahren sei eine Senkung des Steuersatzes auf 25 Prozent vorstellbar. Das soll Unternehmen dazu animieren, Gewinne nicht im Ausland zu investieren.

5Budget: Abgeordnete sollen nur einemausgeglichenen Haushalt zustimmen dürfen.

Frank Stronach ist kein Fan von Staatsausgaben, die auf Pump finanziert werden und liegt damit voll im Zeitgeist: fast alle westlichen Staaten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten zu stark verschuldet. Stronach nennt das einen „Bumerang für die nächste Generation“ und will seine Abgeordneten verpflichten, nur ausgeglichenen Staatsbudgets zuzustimmen. Im Idealfall soll der Staat sogar einen leichten Überschuss erzielen, um die Schulden langsam abzubauen. Die Regierung hat sich allerdings schon auf eine „Schuldenbremse“ geeinigt, die – zumindest auf dem Papier – strenger ausgefallen ist, als vom EU-Fiskalpakt verlangt.

6Justiz: Stronach will den Untersuchungsrichter wieder einführen.

Seit 2008 gibt es den Untersuchungsrichter nicht mehr. Seither ist der Staatsanwalt Herr strafrechtlicher Ermittlungen. Ein Richter wird nur mehr angerufen, wenn es um Fragen des Rechtsschutzes geht. In der Praxis funktioniert das Konzept nicht ganz wie gewünscht: Die Staatsanwälte sind überlastet und überlassen die Ermittlungen zu oft der Polizei. Der U-Richter habe sich öfters persönlich um Vernehmungen gekümmert, sagten die Befürworter des alten Systems. Und doch würde Stronachs Idee einen Rückschritt bedeuten. Dass ein Richter ermittelt und gleichzeitig prüft, ob Maßnahmen legal sind, ergibt keine gute Optik. Das System aus einem Staatsanwalt als Ermittler, gegen dessen Schritte sich der Betroffene aber wehren kann, indem er einen unabhängigen Richter zur Entscheidung anruft, erscheint rechtsstaatlich besser.

7Bildung: Für Wirtschafts- und Technikunterricht, Forderung nach Studiengebühren.

In den Schulen fordert Stronach die Einführung neuer Fächer wie Ernährungslehre, Wirtschaftskunde ab der Volksschule und Technikunterricht. Der Fächerkanon ist tatsächlich veraltet. Technik- und Naturwissenschaftsunterricht findet an Volksschulen bestenfalls im Werkunterricht statt. Die Einführung neuer Fächer klingt interessant, ist aber schwierig. Wer neue Schulstunden einführen will, muss in anderen Fächern sparen.

An den Unis will Stronach Studiengebühren. Deren Höhe soll sich an der Nachfrage der Wirtschaft orientieren. Nachgefragte Fächer wären günstiger oder gratis. Studiengebühren werden derzeit von acht der 21 Unis autonom eingehoben. Gebühren eignen sich jedoch nicht zur Lenkung von Studierendenströmen. Kaum jemand wird ein anderes Fach inskribieren, nur weil es günstiger ist. Dafür braucht es Zugangsbeschränkungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2012)

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