Demokratie auch wegen Faymann in der Krise

(c) Clemens Fabry
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Vier Fünftel der Bürger misstrauen den Politikern, heißt es im „Demokratiebefund 2012“. Auch die Unabhängigkeit der Justiz müsse gestärkt werden, heißt es im Bericht.

Wien. „Es ist gefährlich skurril, was hier stattfindet“, sagt Ex-Nationalratspräsident Heinrich Neisser (ÖVP) über Kanzler Werner Faymanns Fernbleiben vom Korruptions-U-Ausschuss mit dem Argument, er würde schon kommen, würden ihn die Abgeordneten laden. Ein „Doppelspiel“ des SPÖ-Chefs nennt das der Vorsitzende der Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform (IMWD), die am Freitag ihren „Demokratiebefund 2012“ präsentierte. Faymann und die Parteien-Groteske um ein „Abdrehen“ des U-Ausschusses seien aber nur Symbol dafür, dass die Demokratie und demokratische Kontrolle in Österreich Mängel hätten.

Die Bilanz der IMWD-Betreiber im „Demokratiebefund“, der auf einer OGM-Umfrage vom September basiert, sei „bescheiden“, so Neisser: 72 Prozent der 500 Befragten vertrauen der heimischen Politik „weniger“ bis „gar nicht“ (2011: 75 %). Über Politiker sagen das sogar 80 Prozent (2011: 82 %). Dazu OGM-Expertin Karin Cvrtila: „Hier muss man von Misstrauen statt Vertrauen sprechen.“ Hauptgründe seien Korruption, Stillstand bei Reformen (etwa zum Föderalismus) oder ein Transparenzgesetz, das nicht ausreiche, um Vertrauen wiederherzustellen.

Hoffen auf neues Wahlrecht 2013

Wichtig wäre laut Politologe Klaus Poier eine breite Wahlrechtsreform, die 2013 kommen könnte, wenn sowieso eine Novelle wegen der Zusammenlegung von Bezirkshauptmannschaften in der Steiermark notwendig ist. Als „Zwischenschritt“ zu einem Mehrheitswahlrecht empfiehlt die IMWD ein stärker personalisiertes Wahlrecht, mit dem 100 der 183 Abgeordneten direkt aus ihren Wahlkreisen in den Nationalrat gelangen. Das würde ihnen „mehr Selbstbewusstsein“ gegenüber ihren Parteien geben.

Auch die Unabhängigkeit der Justiz müsse gestärkt werden, heißt es im Bericht. Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) mahnte am Freitag in der Debatte über Justizthemen (zuletzt: eine Weisung Karls zur Causa Faymann) mehr Inhalte und einen „sachlichen Ton“ statt „schnellen Sagern“ ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2012)

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