Berufsheer: "Friendly fire" in der SPÖ

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Berufsheer Friendly fire SPoe(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Wolfgang Jannach)
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Norbert Darabos startet "Info-Kampagne", doch nicht alle Genossen sind vom Berufsheer überzeugt. Die ÖVP hält sich unterdessen weiter zurück: Es sei schließlich noch kein fertiges Konzept.

Wien. Gut vier Monate haben SPÖ und ÖVP noch Zeit, die Bürger von ihrer Idee für die Zukunft des Bundesheeres zu überzeugen. Die beiden Koalitionsparteien verfolgen dabei ganz unterschiedliche Taktiken: Während sich die ÖVP mit eigenen Ideen zurückhält – und eher gegen das Verteidigungsressort mobil macht, versucht SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos eine eigene „Informationskampagne“ zu starten.

„Direkte Demokratie braucht objektive Informationen“, meint der Minister dazu am Donnerstag. Deswegen wolle er vor der Entscheidung am 20. Jänner den Bürgern die Aufgaben des Heeres erläutern. So objektiv war die Information dann natürlich doch nicht, denn sie führte zum folgenden Fazit: Ein Berufsheer sei für Österreich eindeutig das beste Modell. Schließlich lebe man nicht mehr in Zeiten des Kalten Krieges – auch Massenheere würden nicht mehr gebraucht. Und genau zu den neuen Anforderungen hat Darabos diverse Konzepte für eine Neuausrichtung erarbeiten lassen.

Dabei wurden zehn Profilvarianten erstellt und die Variante F2 mit dem Titel „gesteigerte Kooperationen“ als Grundlage für konkrete Planungen herangezogen. Generalstabschef Edmund Entacher hat sie im Juni verfügt, im September wurden neue Details ausgearbeitet. Schwerpunkt dieses Konzepts sind verstärkte Kooperationen im In- und Ausland. 12.500 Mann für den Katastrophenschutz sowie 1100 Kräfte für Auslandseinsätze seien auch vorgesehen.

Appell an das Parlament

Die Aufgaben, die das Heer in diesem Profil zu erfüllen hätte, decken sich auch mit jenen der Sicherheitsstrategie – einem Konzept, das schon im März 2011 von SPÖ und ÖVP gemeinsam vorgelegt wurde. Seitdem liege sie im Parlament auf Eis. Darabos appellierte an die Parlamentarier, die Gespräche dazu endlich voranzutreiben. Für ihn sei die Sicherheitsstrategie jedenfalls „gültig“.

Doch all die Argumente und Konzepte, mit denen Darabos die Bevölkerung von einem Berufsheer überzeugen will, greifen offenbar nicht mal in der eigenen Partei zur Gänze. Vor allem Salzburg schert aus der Parteilinie aus: „Ein paar Monate Zivildienst oder Bundesheer tun den jungen Männern sicher gut“, meinte etwa Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller in den „Salzburger Nachrichten“.

Auch Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden spricht sich für die Wehrpflicht aus. Den Ausgang der Volksbefragung sieht Darabos allerdings nicht von „Einzelmeinungen“ abhängig. Die zentrale Aufgabe sei es, die Bevölkerung zu überzeugen. Er glaube nicht, „dass sich wer von Schaden leiten wird lassen“. Außerdem hätte sich Burgstaller in den Parteigremien „wohlwollend“ zu seinem Modell geäußert – er gehe daher nicht davon aus, dass sie für die Wehrpflicht sei.

Innerhalb der ÖVP hört man hingegen weniger Stimmen, die sich gegen die Wehrpflicht (und damit auch gegen die Parteilinie) stellen. Allerdings hat die Partei ihr Modell auch noch nicht offiziell präsentiert. Die Österreicher sollen erst nach der Volksbefragung erfahren, wie das Modell eines geänderten Wehrdienstes ausschauen soll. „Wir brauchen zuerst eine Grundsatzentscheidung“, wird in der ÖVP argumentiert.

Man wolle mit einem Modell „nicht Verwirrung stiften“. Tatsächlich soll der SPÖ und Verteidigungsminister Darabos keine Angriffsfläche geboten werden. Für Mitte Oktober wird aber – immerhin – nach Informationen der „Presse“ erwartet, dass ein Personenkomitee für das von der ÖVP angestrebte Festhalten an der allgemeinen Wehrpflicht in Marsch gesetzt wird.

„Österreich-Dienst“ der ÖVP

Dennoch kursiert ein internes Papier mit einigen Eckpunkten des ÖVP-Modells, das der „Presse“ vorliegt. Wie die ÖVP bereits angedeutet hat, besteht ihr „Österreich-Dienst“ aus drei Säulen: Wehrdienst, Katastrophendienst und Zivildienst.

Beim Wehr- und Katastrophendienst sind zuerst fünf Wochen „gemeinsame allgemeinmilitärische Grundausbildung“ vorgesehen, anschließend eine zweiwöchige „gemeinsame Katastrophendienst-Ausbildung“. Erst dann werden die Grundwehrdiener getrennt. Nach dreizehn Wochen sollen die Wehrdiener einsatzbereit sein, die Katastrophendienst-Soldaten nach neun Wochen. Die Milizübungen sollen jeweils am Wochenende stattfinden, zur „Entlastung der Wirtschaft“.

Laut dem Sicherheitsexperten Erich Reiter ist diese Idee allerdings „nicht ernst zu nehmen“: „Es ist ein Modell, das versucht, dem Grundwehrdienst einen Sinn zu geben – aber nur zum Schein.“ Die wahren Herausforderungen eines Heeres würden so nicht angesprochen werden. Militärhistoriker Manfried Rauchensteiner hingegen bewertet die ÖVP-Idee etwas weniger streng – sie hätte eine „gewisse Attraktivität“. Doch sie wäre niemals für alle Grundwehrdiener umsetzbar – schließlich müssten einige trotzdem als Systemerhalter (etwa Köche, Fahrer) arbeiten.

Die ÖVP hält sich unterdessen weiter zurück: Es sei schließlich noch kein fertiges Konzept.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2012)

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