ÖVP-Experten schlagen radikale Reformen vor

ÖVP-Experten schlagen radikale Reformen vor
ÖVP-Experten schlagen radikale Reformen vor (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die von Spindelegger eingesetzte Expertengruppe will alle öffentlichen Unternehmen privatisieren und Steuerbegünstigungen abschaffen. Dem VP-Chef gefallen nicht alle Vorschläge.

Die Expertengruppe "Unternehmen Österreich 2025" hat am Montag ihre Ergebnisse präsentiert. Die von VP-Chef Michael Spindelegger eingesetzte Gruppe von rund 300 Entscheidungsträgern aus Industrie, Dienstleistung, Gewerbe, öffentlicher Verwaltung und Wissenschaft schlägt teils radikale Reformen in allen Bereichen vor.

Die Experten schlagen unter anderem eine Privatisierung über die Börse aller öffentlichen Unternehmen und Beteiligungen an Unternehmen wie Post, ÖBB, OMV und Asfinag vor. Der Staat solle sich auf Kernbereiche wie Hoheitsverwaltung und Daseinsvorsorge beschränken. Das Steuersystem soll vereinfacht werden, indem ein neues integriertes Tarifmodell mit einem niedrigeren Eingangssteuersatz eingeführt wird und diverse Steuerbegünstigungen abgeschafft werden.

Weitere Vorschläge der Experten: Flexiblere Arbeitsmodelle, Erleichterungen bei der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für Ausländer, eine Anhebung des Pensionsantrittsalters und die Aufweichung des Kündigungsschutzes für über 50-Jährige. Zudem sollen Bestimmungen in den Kollektivverträgen über Betriebsvereinbarungen umgangen werden können. So sollen Betriebe "in begründeten Fällen" niedrigere Löhne zahlen dürfen als im Kollektivvertrag vorgesehen. Um Nachhaltigkeit zu fördern, soll es für Unternehmen ein Bonus-Malus-Steuersystem geben. Firmen mit einer Nachhaltigkeitsstrategie sollen weniger Körperschaftssteuer zahlen.

Reform des Lehrerdienstrechts

Die Vorschläge für den Bildungsbereich waren schon vor der offiziellen Präsentation durchgesickert, einiges wurde seitdem aber wieder gestrichen (Kernunterrichtszeit für Lehrer von neun bis 15 Uhr und Volksschule nur für jene, die Deutsch sprechen). Vorgeschlagen wird nun, dass Lehrer die gleichen Arbeitszeiten und Urlaubsansprüche  wie sonstige Angestellten haben und zu regelmäßigen Fortbildungen verpflichtet werden. Eltern sollen freie Schulwahl haben, Schulsprengel für Pflichtschulen abgeschafft und Schuldirektoren nur auf Zeit bestellt werden. Weiters soll es für Lehrer strenge Aufnahmekriterien geben und in den Klassen maximal 15 Schüler sitzen. Auch für alle anderen Beamten soll es ein neues Dienstrecht geben, das möglichst den Beschäftigungsverhältnissen im Privatsektor angeglichen wird.

Das Persönlichkeitswahlrecht soll gestärkt werden, so dass künftig nicht mehr Parteidelegierte im Parlament sitzen, sondern persönlich gewählte Mandatare. Im Bereich Parteienfinanzierung soll es mehr Kontrolle geben, die Initiative spricht sich aber gegen eine komplette Offenlegung der Vermögensverhältnisse von Politikern aus.

Spindelegger: "Vieles gefällt, manches gar nicht"

VP-Chef Spindelegger nahm die Vorschläge unterschiedlich auf. "Vieles gefällt, manches gar nicht." Als Vision sei die Initiative "tauglich". Einiges, das kurzfristig machbar sei, möchte er noch vor der nächsten Wahl machen. Konkret nannte er die Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts. Mittelfristig umsetzbare Vorschläge wie die Steuerreform bedürfen aber einer längeren Diskussion und könnten daher erst in der nächste Legislaturperiode angegangen werden. Einige Ideen, etwa im Bildungsbereich, seien wiederum so "visionär", dass sie nur langfristig angedacht werden können, so Spindelegger.

Einiges will Spindelegger überhaupt nicht in Angriff nehmen, wie zum Beispiel die Aufweichung des Kündigungsschutzes für über 50-Jährige. Er sei aber insgesamt "außerordentlich zufrieden". Das Projekt sei ein "gelungenes Experiment", mit dem er eine politische Diskussion anregen wolle.

Das Projekt wurde nicht aus öffentlichen, sondern aus privaten Mitteln finanziert. Die Experten sehen sich als überparteilich. Ziel sei es gewesen, eine erfolgreiche Wirtschaftsstrategie zu beschreiben, sagte Projektsprecher Bernhard Gröhs.

SPÖ kritisiert "kurzsichtige" Vorschläge

Die SPÖ kann mit den Vorschlägen der Expertengruppe nicht viel anfangen. Finanzsprecher Jan Krainer fand die Ideen zu den Themen Steuersystem und Aufgaben des Staates "enttäuschend" und "kurzsichtig". Nichts abgewinnen kann auch SP-Sozialsprecherin Renate Csörgits dem VP-Papier: "Der Vorschlag, Kollektiverträge zu umgehen, zeigt, dass die ÖVP-Expertengruppe offenbar auf verstaubte Ideen aus der neoliberalen Mottenkiste setzt, anstatt auf das Schaffen von Arbeitsplätzen." Mit Lohndumping lasse sich die Kaufkraft sicher nicht stärken.

(APA)

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