Gesundheit: Sparpläne in Gefahr

Gesundheit Sparplaene Gefahr
Gesundheit Sparplaene Gefahr(c) APA (Rene Van Bakel)
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Am Montag findet ein Treffen zur Gesundheitsreform statt: Vor der Runde gibt es neuen Streit um die Finanzierung zwischen Ländern und Sozialversicherung.

Wien. Morgen, Dienstag, und am Mittwoch könnte sich auf 2962 Metern Höhe entscheiden, ob die seit 2009 angestrebte Gesundheitsreform im nächsten Jahr starten kann – oder ob der Plan der Regierung endgültig verworfen werden muss. Denn dann lädt Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) als aktueller Vorsitzender der Landeshauptleute-Konferenz zu einer Krisensitzung auf der Zugspitze in Tirol ein.

Thema ist das österreichische Gesundheitssystem inklusive Sparpaket – das ab 2013 umgesetzt werden soll. Darauf haben sich im Juni die drei großen Geldgeber (Bund, Länder und Sozialversicherung) geeinigt – allerdings nur in groben Zügen. Nun geht es um die Details, die auf Beamtenebene ausgearbeitet werden sollten. Genau hier stockt die Umsetzung: Größter Knackpunkt ist natürlich das Geld, das in der vergangenen Woche einen Konflikt zwischen den Bundesländern und der Sozialversicherung entfacht hat: Denn beide Seiten haben unterschiedliche Vorstellungen davon, um wie viel sie in den nächsten Jahren jeweils ihre Ausgaben dämpfen müssen.

Zusätzlich 230 Millionen Euro

Festgelegt ist, dass die Bundesländer 60 Prozent der Einsparungen übernehmen müssen, die Sozialversicherungen hingegen 40 Prozent. Damit sind die Länder aber nicht einverstanden: Denn ihr Anteil entspricht nicht den tatsächlichen Zahlungen in das Gesundheitssystem – er ist ein bisschen höher, jener der Sozialversicherungen dementsprechend niedriger. Deswegen verlangen die Länder mehr Geld: 230 Millionen Euro sollen zusätzlich zu den bereits vereinbarten Kostendämpfungen im Ausmaß von 3,4 Milliarden Euro aus der Sozialversicherungskasse fließen.

Schelling widerspricht

Hans Jörg Schelling, der Chef des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, unter dessen Dach auch die Krankenkassen vereinigt sind, will davon allerdings nichts hören: Er verweist darauf, dass die Sozialversicherung bis 2016 inklusive Kassensanierung insgesamt knapp vier Milliarden Euro aufbringe, die Länder jedoch nur knapp zwei Milliarden. Zudem hätten auch die Länder geringere Ausgaben zu erwarten, weil die Spitalskosten zuletzt nicht mehr so stark gestiegen sind. Trotzdem zahle die Sozialversicherung 35 Prozent ihrer Beitragseinnahmen für die Spitäler, unabhängig von den tatsächlichen Kosten, womit ihr Finanzierungsanteil sogar prozentuell steige.

Als Kompromiss habe er nun angeboten, einen Teil dieser höheren Beiträge, die die Sozialversicherung für die Spitäler leiste, dem niedergelassenen Bereich zugute kommen zu lassen, erläuterte Schelling. Dies hätten die Länder jedoch abgelehnt.

Nun will Platter also mit den anderen Landeshauptleuten einen Ausweg finden – denn Tirols Landeshauptmann gibt die Hoffnung auf einen positiven Abschluss nicht auf: „Die Gesundheitsreform ist ein nächstes, wichtiges Zeichen für die Handlungs- und Reformbereitschaft der Politik. Wir dürfen jetzt nicht wenige Meter vor dem Ziel aufgeben“, ließ er der „Presse“ ausrichten. Vonseiten der Länder will Platter nächste Woche noch einmal ein deutliches Signal nach Wien senden. „Wir sind nicht die Blockierer – wir wollen die 15a-Vereinbarung noch heuer unter Dach und Fach bringen.“

Die Grundzüge der Reform

Ob das tatsächlich funktionieren wird, entscheidet sich also in den nächsten Tagen. Bis jetzt ist die Reform nur in ihren Grundzügen fertig: Fest steht, dass die Ausgaben für das Gesundheitssystem nicht stärker steigen dürfen als das Bruttoinlandsprodukt. Der Sparplan ist dabei gestaffelt: In diesem Jahr ist noch ein Plus von 4,5 Prozent erlaubt, ab 2016 nur noch 3,6 Prozent. Bis 2020 sollen zehn Milliarden Euro eingespart werden.

Funktionieren soll das Ganze so: Bund, Länder und Sozialversicherung haben einen gemeinsamen, virtuellen Finanzierungstopf. Gemeinsam sollen sie entscheiden, wo die Patienten am günstigsten – und besten – behandelt werden können. Denn bisher war es so, dass die Versicherten zwischen Hausärzten und Spitälern hin- und hergeschoben wurden. Sowohl der niedergelassene Bereich als auch die Krankenhäuser hofften nämlich, dass der jeweils andere die (teure) Behandlung übernimmt.

Wer die Einsparungen der Gesundheitsreform nicht einhält, soll Strafen zahlen müssen. Wie dies im Detail aussehen soll, ist allerdings ebenfalls noch nicht klar.

Kritik daran gab es vom Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, Artur Wechselberger: Die Reform sei eine „Mogelpackung“. Die Gesundheitsausgaben könne man nicht an eine ökonomische Größe koppeln. Strafzahlungen seien nicht sinnvoll.

Auf einen Blick

Hans Jörg Schelling (58) ist seit 2009 Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungen. In der Zwischenzeit wurde der Schuldenberg der Krankenkassen um rund eine Milliarde Euro auf rund 280 Millionen Euro abgetragen. Nach dem Regierungsplan sollen bis 2016 die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen gebremst werden. Sozialversicherung und Länder sind jetzt uneins, wer welchen Beitrag dafür leisten muss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2012)

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