Gesundheitsreform: "Es geht nur um Machtspiele"

Gesundheitsreform geht Machtspiele
Gesundheitsreform geht Machtspiele(c) APA
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Ärztekammer-Präsident Wechselberger ist wegen der geplanten Gesundheitsreform empört. Er rechnet mit Einschränkungen für die Patienten.

Massive Kritik an der derzeit in Verhandlung befindlichen Gesundheitsreform kommt von der Ärztekammer. Bei den von der Politik diskutierten Plänen gehe es nur um Einsparungen und um Machtspiele, aber nicht um die Versorgung der Patienten, erklärte Präsident Artur Wechselberger am Mittwoch. Die Grundintention der geplanten Reform sei "Sparen, Zurückfahren und Sicherung von Einflusssphären".

Wechselberger sieht derzeit nur "reine Machtspiele der sich selbst Zahler nennenden Gruppierungen" - des Bundes, der Länder und der Sozialversicherung. Es müssten auch "Experten der medizinischen Versorgung" einbezogen werden, reklamierte der Präsident die Ärzte in die Verhandlungen. Er verlangt eine Gesundheitsreform, die diesen Namen auch verdiene. Wechselberger forderte die Verhandler auf, nicht nur über die Aufteilung der Finanzierung oder die Besetzung von Steuerungsgremien zu streiten, sondern die Menschen in den Fokus zu stellen.

Angestrebt werde nun eine Struktur, "die eine Steuerung von oben nach unten" möglich mache, kritisierte Wechselberger. Wenn es in der geplanten Steuerungskommission auf Länderebene keine Einigung gebe, wandere die Kompetenz weiter in die Bundeskommission und wenn auch dort keine Einigung möglich sei, entscheide das Ministerium.

Ein Rätsel ist Wechselberger, wie die geplanten Kostendämpfungen von 3,4 Milliarden Euro bis 2016 ohne Leistungseinschränkungen für die Patienten bewältigt werden sollen. Bis 2020 bedeute das Einsparungen von elf Mrd. Euro, das sei fast die Hälfte eines Jahresbudgets der öffentlichen Gesundheitsausgaben von 23 Mrd. Und gespart werde nur bei den öffentlichen Ausgaben, der öffentliche Bereich werde damit finanziell ausgehungert. Die Bevölkerung könne sich dann Leistungen im privaten Bereich kaufen, wenn sie es sich leisten könne. Das widerspreche auch dem im Regierungsprogramm festgeschriebenen Ziel, eine Zwei-Klassen-Medizin zu verhindern.

1300 Kassenstellen fehlen

Der Ärztekammer-Präsident befürchtet, dass der niedergelassene Bereich weiter ausgehungert statt gestärkt werde. Weil es seit zehn Jahren keine zusätzlichen Verträge gebe, fehlten bereits rund 1300 Kassenstellen. Dabei könnten jährlich rund 330 Millionen Euro eingespart werden, allein wenn 50 Prozent der Ambulanzbesuche von den niedergelassenen Ärzten bewältigt werden würden. Dafür müsste man jedoch in die niedergelassenen Praxen investieren.

Wechselberger befürchtet auch, dass die Politik den "point of best service" - also die Stelle, wo die medizinische Versorgung stattfindet - künftig nach rein ökonomischen Kriterien festlegen wolle. Im Mittelpunkt müsse jedoch die medizinische Versorgung aus der Sicht der Patienten stehen, die eine wohnortnahe Versorgung wollten.

Neben dem Ausbau der niedergelassenen Praxen fordert der Ärztekammer-Präsident auch eine Umsetzung des Hausarzt-Modells, in dem der Haus- oder Vertrauensarzt eine Art Gatekeeper oder Wegweiser für das Gesundheitssystem sein soll. Langfristige Einsparungsmöglichkeiten sieht Wechselberger auch in einem Ausbau der Prävention. Mit der Umsetzung dieser auch für die Patienten sinnvollen Reformen könnte seiner Ansicht nach zumindest das gleiche Einsparungspotenzial aufgebracht werden wie mit den von der Politik geplanten Maßnahmen.

(APA)

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