Neos: Die Neuen in der Mitte

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Pink der Farbe nach und in der Ausrichtung schwarz-grün-liberal: Die Partei Neos traf sich am Samstag zum Gründungskonvent. Man will mehr Autonomie für Schulen, weniger Parteienförderung und einen EU-Bundesstaat.

Das Logo ist Magenta-Pink, der Dresscode Jeans mit Hemd und die Erwartungen, die sind vor allem groß: Wenn es nach den Hoffnungen der geschätzt 250 Leute (die vielen Babys in Kinderwägen nicht mitgezählt) geht, die sich im Dachgeschoß der Wiener Urania versammelten, muss sich die ÖVP bei den nächsten Wahlen weniger vor Stronach als vor einer anderen jungen Partei fürchten: Neos wollen ernsthaft 2013 mit zehn Prozent ins Parlament einziehen. Um es mit den Worten des frisch gekürten Vorsitzenden (und daher gut gelaunten) Matthias Strolz zu sagen: „Hier im Raum ist eine Lebendigkeit, eine Leichtigkeit – wann wurden solche Worte schon zuletzt im Zusammenhang mit Politik verwendet? Ich glaube, das wird geil.“

Vergangenen Samstag – parallel zur Bundesversammlung der Piraten in Graz – traf sich die Partei zu ihrem Gründungskonvent, zur Vorstandswahl (offene Vorwahlen) und zur Vorstellung des Programms. Strolz, Unternehmer, ehemaliger ÖVP-Mitarbeiter und zusammen mit Unternehmer Veit Dengler Neos-Erfinder, wurde dabei mit 96,2 Prozent zum Vorsitzenden gewählt. Darüber hinaus wurden weitere zehn Vorstandsmitglieder (zur Hälfte Frauen, zur Hälfte Männer) bestätigt. Sie kommen aus verschiedenen Berufen (Ärzte, Unternehmer. . .), die meisten waren vorher nicht politisch tätig.

Mit Ausnahmen: Im Vorstand sitzt auch Nikolaus Scherak, der Chef der JuLis (Jungen Liberalen). Die „Jugendorganisation ohne Mutterpartei“ hat den Beschluss gefasst, Neos zu unterstützen – vor allem mit Doppelmitgliedschaften: Scherak versteht sich als Fürsprecher für die „jüngeren, etwas radikaleren liberalen Ideen“ im Vorstand. So sind die JuLis für eine Flat Tax – die Neos hingegen fordern einen geringeren Eingangssteuersatz und eine Anhebung der Schwelle für den Höchststeuersatz. Insgesamt spiegelt das Programm das Spektrum der Anhänger wider, die Strolz so beschreibt: vor allem Grün- und ÖVP-Wähler, aber auch heimatlose Liberale – mit dem Liberalen Forum wird noch über eine mögliche Kooperation verhandelt.

Was über den inhaltlichen Details steht, ist jedoch das – omnipräsente – Versprechen des „Neuen“, das man ja im Namen führt. Für Strolz sind das „neuer Stil, neue Politik und neue Köpfe“. Letztere kämen aus der „Mitte der Gesellschaft“ – und nicht aus Bünden oder Interessenvertretungen: „Wir nehmen unsere Sessel aus der Mitte des Lebens und tragen sie ins Parlament.“

Prominente Namen sucht man bis jetzt vergebens, aber das sei nicht wichtig, sagt Strolz. Einige hätten ja bereits „zart angeklopft“, genauso wie einige Abgeordnete. Aber – Seitenhieb auf Stronach – man habe es nicht nötig, „wilde Abgeordnete mit Geld zu zähmen“. (Abgesehen davon, dass die Finanzmittel das nicht erlauben würden.)Auch im Stil will sich Neos abheben: Positiv wolle man sein, kooperativ – „Wenn wir pinkeln müssen, gehen wir aufs Klo und machen das nicht am Bein unserer Mitbewerber.“ Inhaltlich setzt man die Schwerpunkte bei Bildung, Europa und direkter Demokratie: Neos tritt für eine starke Autonomie der Schulen ein. Es solle einen Wettbewerb der Schulmodelle geben und eine mittlere Reife mit einheitlichen Standards. Beim Thema Europa bekennt man sich als langfristiges Ziel zu einem europäischen Bundesstaat. Mittelfristig soll ein EU-weiter Konvent, dessen Mitglieder von der Bevölkerung gewählt werden, eine neue Verfassung ausarbeiten. Beim Thema Demokratiereform tickt man ähnlich wie die Junge ÖVP. Strolz will aber die Parteienförderung um 75 Prozent senken.

Apropos Geld: Wie will Neos den Wahlkampf finanzieren? Strolz zufolge wird man ein bis zwei Mio. Euro brauchen. Der Einsatz von Social Media werde die Kampagnen relativ günstig halten, aber man rede natürlich mit potenziellen Großspendern aus der Wirtschaft. Was viele zögern lasse: Alle Spenden werden auf der Website veröffentlicht, auf Wunsch anonym bleiben kann man nur bis zu 5000 Euro. Bis jetzt hat Neos durch Microfinanzierung 70.000 Euro beisammen. Kleinspenden sollen weiterhin die Basis bilden. Auch Mitgliederbeiträge werden einfließen: Derzeit hat Neos 350 Sympathisanten, bis Frühsommer sollen es 1200 sein. Zum Geldsammeln nutzt man indes jede Gelegenheit: Auch in der Urania steht beim Ausgang eine Spendenbox.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2012)

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