Politikergage: Gesetz lässt nur 1,8 Prozent zu

Politikergage Gesetz laesst
Politikergage Gesetz laesst(c) Die Presse (Eva Rauer)
  • Drucken

Der Rechtslage zufolge dürfen Politikergehälter bloß um 1,8 Prozent steigen, sagt Andreas Khol (ÖVP). Parteikollege Christoph Leitl fordert Erfolgsprämien für Politiker.

Wien/Ett/Uw. Neue Wendung in der Diskussion um die Anhebung der Politikergagen im kommenden Jahr: Die Bezüge dürfen maximal um 1,8 Prozent im nächsten Jahr angehoben werden, das heißt im Ausmaß der Erhöhung der Pensionen. Die geltende Verfassungsregelung lässt nämlich gar keine andere Lösung zu. Befürchtungen und Warnungen vor einer Anhebung um 2,8 Prozent, die zuletzt aufgekommen waren, sind damit überflüssig. Darauf verwies am Sonntag im Gespräch mit der „Presse“ der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol.

„Ich verstehe die Aufregung nicht, die Verfassungsgesetzeslage ist eindeutig“, betont Khol. Das geltende Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung der Bezüge öffentlicher Funktionäre sieht nach Paragraf 3 vor, dass der Präsident des Rechnungshofes bei der Festlegung der jährlichen Gehaltsanhebung für Politiker stets den niedrigeren Wert von zwei Faktoren anwenden müsse. Diese zwei Faktoren, die es zu beachten gilt, sind einerseits der Verbraucherpreisindex, der 2,8 Prozent ausgemacht hat, sowie andererseits die Erhöhung der Pensionen, die nach dem Sparpaket der Regierung bei 1,8 Prozent liegen wird. Nachdem dies also der niedrigere der beiden Werte ist, muss dieser laut geltender Gesetzeslage herangezogen werden. Zuletzt hatte es irrtümlich geheißen, für eine Anhebung um 1,8 Prozent sei eine Verfassungsänderung notwendig.

2,8 Prozent für Bürgermeister?

Das Gegenteil ist laut Khol der Fall. Nur für eine noch niedrigere oder eine höhere sei eine neue Verfassungsbestimmung notwendig. Er habe die Lösung, dass jeweils der niedrigere Wert für die Politikergagen hergenommen werde, seinerzeit als aktiver Nationalratspräsident miteingeführt. Er halte sie nach wie vor für „gerechtfertigt“, so Khol. Damit ist automatisch ein stärkerer Anstieg als bei Pensionisten ausgeschlossen. Aus dem Kanzleramt hatte es Ende der Vorwoche geheißen, dass nach Nulllohnrunden für Politiker seit 2008 nun im kommenden Jahr deren Gehälter jedenfalls steigen sollen.

Umgekehrt bedeutet das aber für den Vorstoß des Chefs des Österreichischen Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer, eine Hürde. Dieser hatte sich dafür ausgesprochen, die Bezüge von Bürgermeistern jedenfalls um 2,8 Prozent und somit stärker anzuheben. Das aber wäre, wie auch Khol erläutert, nur mit einer Verfassungsänderung möglich.

Der Präsident der Wirtschaftskammer, Christoph Leitl (ÖVP), schloss sich in der ORF-„Pressestunde“ trotzdem Mödlhammers Forderung an. Er könne dieser wegen der Umstände der Arbeit in den Gemeinden „sehr viel abgewinnen“. Darüber hinaus wiederholte Leitl seinen Vorschlag, für Politiker (z. B. in der Bundesregierung) eine Erfolgsprämie einzuführen. Wenn ein überdurchschnittliches Wachstum erzielt werde oder wenn man bei der Beschäftigung einen Spitzenplatz einnehme, dann sei eine „ordentliche Prämie“ auszubezahlen. Es brauche „das Bewusstsein, finanzielle Ausgaben mit einer konkreten Leistung zu verbinden“, sagte Leitl, das würde auch in der Bevölkerung verstanden. In der Vergangenheit hatte Leitl auch einen Malus für Regierungspolitiker gefordert. Bonus und Malus bezifferte er damals mit 30 Prozent.

Politische „Rapid-Viertelstunde“

Betont gelassen reagierte Leitl auf den wohl bald sechsten Klub im Nationalrat, das Team Stronach. „Wir leben auch in der Demokratie in einem Wettbewerb“, sagte er. Es sei in der Bevölkerung großer Frust über Politik entstanden, Stronach habe eine „Blitzableiterfunktion“. Weiters mahnte Leitl, der sich als Obama-Fan deklarierte, eine Verwaltungsreform ein. Und: Die Regierung solle in einer Art „Rapid-Viertelstunde“ vor der Nationalratswahl „kleine, intelligente Impulse“ setzen. Bezüglich einer sozialen Staffelung bei der Erhöhung der Pensionen wollte sich Leitl nicht festlegen. Was das betrifft, so wird es im Lauf dieser Woche erste Beratungen der Seniorenvertreter mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer geben. Es geht dabei um die Frage, ob niedrigere Pensionen um mehr als 1,8 Prozent erhöht werden, wie dies etwa SPÖ-Pensionistenchef Karl Blecha fordert. ÖVP-Seniorenchef Khol ist bezüglich einer sozialen Staffelung skeptisch. Seine Begründung: Es drohe dann das Risiko einer neuen Klage beim Europäischen Gerichtshof. Dieser hat die gestaffelte Anhebung 2008 aufgehoben, weil dabei letztlich ein Geschlecht, damals Frauen, benachteiligt wurden.

Auf einen Blick

Seit 2008 gibt es für Politiker Nulllohnrunden. Heuer soll es eine Erhöhung geben. Debattiert wurde, ob es nun 1,8 Prozent (Anpassungsfaktor der Pensionisten) oder 2,8 Prozent (Inflationsanpassung) werden. Laut Ex-Nationalratspräsidenten Andreas Khol sieht die Gesetzeslage vor, dass der niedrigere Wert gewählt werden muss.

Christoph Leitl machte in der Causa einen eigenen Vorschlag. Der Chef der Wirtschaftskammer will Erfolgsprämien für Politiker einführen, wenn sie in ihrem Verantwortungsbereich bestimmte Kriterien (Arbeitsmarktdaten etc.) erreichen. Für Bürgermeister kann sich Leitl jedoch 2,8 Prozent vorstellen. [APA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenpolitik

Faymann: Anhebung der Politikergehälter ist gerechtfertigt

Wiens Bürgermeister Michael Häupl will die Gagen von Politikern für ein weiteres Jahr einfrieren - obwohl SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann dagegen ist. Auch die ÖVP will die Bezüge erhöhen.
Kommentare

Gebt ihnen das Geld!

Dauernd eingefrorene Politikergehälter sind eine Bankrotterklärung.
Politik

Politiker-Gehälter: Häupl fordert Nulllohnrunde

Der Wiener Bürgermeister stellt sich gegen die Forderung von Bundeskanzler Faymann. Stattdessen will er Solidarität mit Bundes- und Landesbediensteten üben.
MINISTERRAT: PRESSEFOYER - BK FAYMANN
Innenpolitik

Politiker-Gagen: Faymann will 1,8 Prozent mehr Gehalt

Der Bundeskanzler spricht sich gegen eine weitere Nulllohnrunde aus. "Am Ende steigen nur noch Milliardäre in die Politik ein", sagt Faymann.
PolitikerGehaelter SPoe will soziale
Politik

Politiker-Gehälter: SPÖ will soziale Staffelung

Bundesgeschäftsführer Kräuter will die Gehälter der Gemeindefunktionäre um 2,8 Prozent, jene aller anderen Politiker um 1,8 Prozent anheben. Das zuständige Kanzleramt will sich noch auf keine Zahlen festlegen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.