Ein neues, teureres Fördermodell soll vor allem Mehrkind-Familien mehr Geld bringen und das System vereinfachen. "Verlierer gibt es nicht", versichert Wirtschaftsminister Mitterlehner.
VP-Familienminister Reinhold Mitterlehner hat am Montag seine Pläne für eine "Familienbeihilfe neu" vorgelegt. Das bestehende Fördermodell soll demnach drastisch vereinfacht werden, Jung-Familien, Mehrkind-Familien und Familien mit älteren Kindern würden dadurch deutlich mehr Geld erhalten. Und Verlierer gibt es auch nicht, versicherte Mitterlehner. Als Wahlkampf wollte er seinen Vorstoß freilich nicht verstanden wissen.
Zum Status quo: Das Fördermodell besteht derzeit aus einem Gewirr aus sechs Instrumenten: Es gibt die Familienbeihilfe in vier verschiedenen Höhen, je nach Alter. Dazu kommt noch eine Geschwisterstaffel, ein Zuschlag für Kinder mit erheblicher Behinderung, ein Schulstartgeld, ein (einkommensabhängiger) Mehrkindzuschlag und ein Kinderabsetzbetrag, der gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlt wird. "Das System ist relativ kompliziert und unübersichtlich", so Mitterlehner.
Mitterlehner will künftig nur noch drei statt sechs Instrumente, darunter die klassische Familienbeihilfe, die aber in drei statt in vier Altersstufen gestaffelt werden soll (180 Euro für Kinder bis 9 Jahre, 200 Euro für Kinder von 10 bis 18 Jahren und 220 Euro ab 19 Jahren). Derzeit gibt es bis zum dritten Lebensjahr 105,40 Euro, bis zum 10. Lebensjahr 112,70 Euro, bis zum 19. Lebensjahr 130,90 Euro und darüber hinaus 152,70 Euro. Zudem soll es weiter eine Geschwisterstaffel (15 Euro statt 12,80 Euro für das zweite Kind, danach 60 Euro für jedes weitere) und einen höheren Zuschlag für behinderte Kinder (150 statt 138,80 Euro) geben.
Mitterlehners Rechenbeispiele
"Das neue Modell bringt den Familien konkrete Erhöhungen", verspricht das Ministerium und veröffentlicht einige Rechenbeispiele: Eine Familie mit drei Kindern im Alter von 17, 20 und 22 Jahren erhalte künftig 428,40 Euro mehr und damit insgesamt 8580 Euro pro Jahr.
Bei einer Familie mit zwei Kleinkindern (1 und 2 Jahre alt) liege das Plus bei 415,20 Euro und die Gesamtunterstützung bei 4500 Euro.
Auch eine Familie mit einem zum Beispiel 20-Jährigen Kind profitiere, zukünftig würde sie 2640 Euro pro Jahr erhalten und somit um 106,80 Euro mehr als jetzt, erklärt das Ministerium.
Eine Familie mit einem elfjährigen Kind erhält derzeit 2371,60 Euro und würde in Zukunft um 28,40 Euro mehr, also 2400 Euro bekommen.Weil niemand verliert, wie das Mitterlehner verspricht, kostet sein Modell auch mehr als das bestehende - nämlich 4,49 Milliarden Euro. Das wäre ein Anstieg um 198 Millionen Euro. Im Vergleich zum veranschlagten Budget 2012 liege der Mehraufwand aber nur bei 24 Millionen Euro, so Mitterlehner. Begründung: Der "Familienlastenausgleichsfonds" (FLAF), aus dem eben unter anderem die Familienbeihilfe gezahlt wird, finanziert sich auch durch Beschäftigung, und aufgrund der überdurchschnittlichen Beschäftigungsentwicklung ergebe sich ein Spielraum. Hinzu kämen günstige Entwicklungen etwa beim Absetzbetrag.
Mit dem Modell würde sich die vollständige Entschuldung des FLAF um ein Jahr auf 2019 verschieben - für Mitterlehner "verkraftbar". Mittelfristig tritt er weiterhin für eine zweijährige Inflationsanpassung der Familienbeihilfe ein.
"Wirkliche Vereinfachung sieht anders aus"
Seine Vorschläge betreffend Familienbeihilfe neu muss Mitterlehner allerdings erst mit dem Koalitionspartner, namentlich SP-Sozialminister Rudolf Hundstorfer, verhandeln. Er rechne aber mit einer Einigung. Die SPÖ plädiert seit Längerem für eine Abschaffung der Frei- und Absetzbeträge, im Gegenzug sieht das SP-Modell eine Erhöhung der Familienbeihilfe auf monatlich 225 bzw. 240 Euro (ab 15 Jahren) vor. Zuschläge soll es für behinderte Kinder und Alleinerzieher geben.
Hundstorfer selbst wollte zu Mitterlehners Reformplan am Montag nichts sagen, dafür seine SP-Parteikollegin Gabriele Heinisch-Hosek: Die Familienbeihilfe zu erhöhen gehe in die richtige Richtung, so die Frauenministerin. Im Modell komme aber der Ausbau der Kinderbetreuung nicht vor. Auch die Kosten hält die Ministerin für problematisch. Und: "Eine wirkliche Vereinfachung sieht anders aus."
Direktauszahlung möglich
Schon fix ist laut Mitterlehner, dass sich Studenten ab nächstem Jahr die Familienbeihilfe direkt auszahlen lassen können. Dafür ist ein Antrag notwendig, Voraussetzung ist die Unterschrift der Eltern, um Probleme bei Unterhalts- oder Steuerrecht zu vermeiden. Eine entsprechende Novelle soll noch heuer in Begutachtung geschickt werden.
Dranbleiben will die ÖVP übrigens auch im Steuerbereich - Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) schwebt bekanntlich ein Steuerfreibetrag von 7000 Euro pro Kind vor. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Kinderbetreuungsgeldes kündigte Mitterlehner kleinere Änderungen an: Derzeit ist es etwa so, dass man das Modell nach der Wahl nicht mehr ändern kann - hier werde man sich eine Toleranzgrenze überlegen.
(APA/Red.)