Pendlerpauschale als Wahlzuckerl? „Überhaupt nicht“

(c) Erwin Wodicka (Erwin Wodicka)
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Die Landtagswahl in Niederösterreich und die Nationalratswahl 2013 werfen ihren wirtschaftspolitischen Schatten voraus. SPÖ und ÖVP drängen auf eine Änderung des Pendlerpauschales, jeder hat seine Klientel im Fokus.

Wien/gh. 800.000 Bürger beziehen ein Pendlerpauschale. Geht es nach der SPÖ und der ÖVP, sollen es in Zukunft mehr sein. Vor allem Teilzeitarbeiter und Geringverdiener, die zurzeit von der steuerlichen Absetzbarkeit kaum oder gar nicht profitieren, sollen ihre Fahrtkosten in Form einer Negativsteuer ersetzt bekommen. Die Geschwindigkeit und Vehemenz, mit der die Regierungsparteien die Angelegenheit noch vor Jahreswechsel unter Dach und Fach bringen wollen, ringt politischen Beobachtern nur eine Erklärung ab: Kommendes Frühjahr ist im wichtigsten Pendlerland Niederösterreich Landtagswahl und spätestens im Herbst wird ein neuer Nationalrat gewählt. Das Pendlerpauschale als Wahlzuckerl?

„Nein, überhaupt nicht“, sagt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Die Niederösterreicherin ist auch Bundesobfrau des ÖVP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB und in dieser Funktion fordert sie eine Änderung, weil „das derzeitige System nicht mehr der modernen Arbeitswelt entspricht“.

Tatsächlich zielen die aktuellen Anforderungen vor allem auf  Vollzeitbeschäftigte ab. Demnach können nur jene das Pauschale lukrieren, die mindestens elf Mal im Monat in die Arbeit fahren. Für Teilzeitbeschäftigte ist damit der Zug abgefahren.

Während bei den Verbesserungen für die Bezieher niedriger Einkommen weitgehend Konsens herrscht, unterscheiden sich die Konzepte von SPÖ und ÖVP bei den gut situierten Arbeitnehmern. Die ÖVP will das System beibehalten, wonach jeder Pendler ein Anrecht auf steuerliche Erleichterung hat. Die SPÖ will Wohlhabenden hingegen die Steuervergünstigung streichen. Niederösterreichs SPÖ-Chef Sepp Leitner in Anspielung auf das ÖVP-Modell: „Wenn Spitzenverdiener weit mehr Pendlerförderung bekommen als Klein- und Mittelverdiener, so ist das neue System nicht gerecht.“

Kein Geld für „Höchstverdiener“

Nach dem Modell der Sozialdemokraten würden Höchstverdiener keine Förderung erhalten. Allerdings definiert die SPÖ das Wort „Höchstverdiener“ sehr kulant. Sie meint damit all jene, die die Höchstbemessungsgrundlage ums 1,5-Fache überschritten haben. „Ab einem monatlichen Gehalt von 8460 Euro brutto sehen wir keine Notwendigkeit für eine solche Förderung“, sagt Leitner und fordert einen „sozialen Beitrag der Besserverdiener“.

Das Pendlerpauschale kostet den Fiskus aktuell etwa 380 Mio. Euro pro Jahr. Fest steht, dass die neuen Modelle, in welcher Form sie auch kommen mögen, teurer werden. Das von ÖVP-Chef Michael Spindelegger präsentierte Modell würde seinen Angaben zufolge Mehrkosten in Höhe von 110 Mio. Euro bedeuten. Den größten Brocken davon würden sich die Niederösterreicher abschneiden. Dort lebt etwa ein Drittel aller Pendlerpauschalenbezieher. Für jeden würden im Jahr etwa zehn Prozent mehr herausschauen, rechnete Niederösterreichs ÖVP-Landesvize Wolfgang Sobotka vor und kommt auf „fast 40 Mio. mehr“ für die Pendler in seinem Bundesland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2012)

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