Anklage durchleuchtet Strassers Geschäfte, Teil 2

AUSTRIA CORRUPTION TRIAL STRASSER
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Auch während seiner Zeit als EU-Abgeordneter unterhielt der nunmehrige Angeklagte Ernst Strasser offenbar eine rege private Geschäftstätigkeit.

WIEN. Wenn am Montag im Straflandesgericht Wien der Bestechlichkeits-Prozess gegen den früheren ÖVP-Europa-Parlamentarier Ernst Strasser fortgesetzt wird, spielt für die Anklage auch dessen lebendige Geschäftstätigkeit eine interessante Rolle. Strasser - ihm wird vorgeworfen, zwei als Lobbyisten getarnten Journalisten für 100.000 Euro pro Jahr die Einflussnahme auf EU-Gesetze versprochen zu haben - nahm nämlich auch nach seinem Amtsantritt in Brüssel, 14. Juli 2009, diverse Beratungsleistungen vor. Etwa für die Alpine Bau GmbH. Dies greift Staatsanwältin Alexandra Maruna in ihrer 41-seitigen Anklageschrift (8 St 28/11 h) auf.

Dort heißt es: "Als es bei einem Straßenbauprojekt der Alpine Bau GmbH in Rumänien zu Problemen aufgrund einer Beschwerde des rumänischen Verkehrsministeriums über die Alpine Bau GmbH unter anderem bei der Ministerin für Verkehr (...) und dem österreichischen Botschafter in Rumänien gekommen war, nahm Dr. Strasser im November 2010 zwecks Erlangung eines Gespächstermins bei der rumänischen Verkehrsministerin im Auftrag der Alpine Bau GmbH Kontakt mit dem rumänischen EU-Parlamentarier Marian-Jean Marinescu auf." Das schafft gewiss nicht jeder. Es zahlte sich offenbar aus, nicht nur Lobbyist, sondern gleichzeitig auch EU-Parlamentarier zu sein.

Weiter: "Im Dezember 2010 wurde Dr. Strasser schließlich auch aufgrund von Problemen bei der Ausführung eines Auftrags der Alpine Bau GmbH zum Bau eines Autobahnabschnitts in Polen um seine Unterstützung ersucht. Zu diesem Zweck wurde ihm am 8. März 2011 ein von der Alpine bereits am 8. September 2010 an die Europäische Kommission versandter Beschwerdebrief übermittelt. In diesem waren die Probleme der Alpine mit der als Auftraggeber für die polnische Regierung auftretenden Generaldirektion für Nationalstraßen und Autobahnen zum Ausdruck gebracht worden."

Strasser nutzte nun, laut Anklage, gute, alte Kontakte: "Er beriet die Alpine bei der Erstellung eines Schreibens an die Bundesminister Pröll, Mitterlehner und Fekter zwecks ,Information auf Regierungsebene' und bot an, das Verfahren in Bezug auf die Beschwerde bei der Europäischen Kommission ,in Schwung zu bringen' ." Dieses Engagement erwähnte Strasser übrigens auch in Gesprächen mit den Undercover-Journalisten bei einem Treffen in London am 3. Dezember 2010. Ob er sich damit schmücken wollte, um mit den beiden, die sich als Lobbyisten ausgaben, ins Geschäft zu kommen, hat nun das Gericht zu klären. Strasser sagt, er habe bei den Gesprächen "den Braten gerochen" und die beiden für Geheimdienstler gehalten.

Auch mit der Österreichischen Staatsdruckerei hatte Strasser eine langjährige Geschäftsbeziehung (Beraterverträge), die erst im März 2011, kurz nach seinem Rücktritt als EU-Parlamentarier, aufgelöst wurde. Staatsanwältin Maruna beschreibt das Wirken des einstigen Innenministers so: "Da es sich bei den (...) Kunden der Österreichischen Staatsdruckerei aufgrund der Natur der angebotenen Leistungen um Regierungen, vor allem um Innenministerien handelt, sollte - laut Geschäftsführer Mag. Helmut Lackner - das Netzwerk des Dr. Strasser als ehemaliger Bundesminister für Inneres genutzt werden."

Und so kam es dann wohl auch. "Als im Jahr 2009 bekannt wurde, dass es zu einem von der Europäischen Kommission angestrengten Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich aufrund der Auftragsvergabe zur Herstellung von Drucksorten der Republik Österreich an ein privates Unternehmen, nämlich die im Jahr 2000 privatisierte Österreichische Staatsdruckerei GmbH durch das Österreichische Staatsdruckereigesetz kommen werde, wurde Dr. Strasser vom stellvertretenden Generaldirektor Mag. Thomas Zach am 9. April 2010 unter Übermittlung der wesentlichen Informationen ersucht, mit der zuständigen Sachbearbeiterin der Generaldirektion Binnenmarkt der Europäischen Kommission, Esther-Eva Schmidt, informell Kontakt aufzunehmen, was zumindest zu einem Telefonat mit dieser führte."

Mehr noch: "Davor hatte er bereits im Jänner 2010 versucht, ein Treffen mit Kommissar Barnier zu bewerkstelligen, was ihm schließlich - wenn auch nur am Rande einer Veranstaltung, an der Kommissar Bernier teilnahm - gelang." Also kommt die Anklage hier zu dem Ergebnis: "Auch bei diesem Auftrag nutzte er den Umstand aus, dass einem Abgeordneten zum Europäischen Parlament der Zugang zu Kommissionsmitgliedern leichter möglich war als einem Außenstehenden."

All dies wird von der Anklage gleichsam als Hintergrund für die nun gerichtlich zu prüfenden Vorwürfe (Bestechlichkeit) verwendet. Für Strasser (er bekennt sich nicht schuldig) gilt die Unschuldsvermutung.

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