Glawischnigs Kür und zwei neue Gesichter

Glawischnigs Kuer zwei neue
Glawischnigs Kuer zwei neue(c) APA RUBRA (RUBRA)
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Die Grünen wählen Parteichefin Eva Glawischnig mit 94 Prozent auf Platz eins der Bundesliste für die Nationalratswahl 2013. Sigrid Maurer kandidiert auf Platz sechs, Julian Schmid schafft es auf Platz acht.

Es klingt mehr nach dem Titel eines Kinofilms als nach einer Kandidatenliste für die Nationalratswahl: Am Samstag wählen die Grünen bei ihrem Bundeskongress im Linzer Design Center ihr „Team der Unbestechlichen", also jene 14 Kandidaten, die auf der Bundesliste stehen. Damit rüstet sich die Partei für die Wahl im nächsten Jahr - und das Ziel ist ambitioniert. „Das beste Ergebnis, das wir ever geschafft haben", will die frisch gewählte Spitzenkandidatin Eva Glawischnig sehen. In Zahlen bedeutet das: 15 Prozent der Stimmen. Im Jahr 2008 waren es noch 10,4 Prozent. Das soll wohl die Delegierten nach der Wahlschlappe bei der Grazer Gemeinderatswahl (12,4 Prozent) wieder motivieren. Schaffen will man das mit „sauberer Umwelt, leistbarem Leben, sauberen Händen".

Die Grünen als einzige Partei, die nicht im Korruptionssumpf versinkt - das ist das Motto, das sich durch den ganzen Nachmittag zieht. „Uns Grüne kann man nicht kaufen, nur wählen", sagt Glawischnig. „Denn eines haben wir immer bewahrt: die Haltung." Die hätten viele andere Politiker verloren: „Vielleicht kann sich ein junger Josef Cap (SPÖ-Klubchef, Anm.) noch daran erinnern. Und auch Karl-Heinz Grasser (Ex-Finanzminister, Anm.) war sicher einmal unschuldig." Glawischnig, im grünen Scheinwerferlicht und vor einer riesigen Leinwand stehend, wünscht sich einen Systemwechsel - und dafür brauche man „Radikalität".

Kogler auf Platz zwei. Den 249 Delegierten scheint das zu gefallen. Denn für ihre Rede bekommt Glawischnig Standing Ovations, Blumen - und 94,02 Prozent der Stimmen. Damit hat sie es - ohne Gegenkandidaten - auf Platz eins der Bundesliste geschafft. Am Sonntag wird Glawischnig dann auch mit 93,36 Prozent als grüne Bundessprecherin bestätigt.

Auch Vizeklubchef Werner Kogler muss sich im Rennen um Listenplatz zwei keine Sorgen machen. Er ist der Einzige, der sich dafür beworben hat und erhält einen Zuspruch von 88,84 Prozent. Platz drei geht ebenfalls konkurrenzlos mit 94,47 Prozent an Gabriela Moser. Sie hat bei ihrer Rede auch etwas Lob für die Linzer Stadtluft übrig: „Habt ihr schon eingeatmet? Es stinkt nicht mehr."


So weit, so vorhersehbar. Das eigentliche Gerangel um die Kandidaturen geht ab Platz vier los - darum kämpfen Sicherheitssprecher Peter Pilz, Volker Plass von der Grünen Wirtschaft, der Burgenländer Michel Reimon sowie der Wiener Netzpolitik-Experte Marco Schreuder. Das Rennen macht nach einer Stichwahl zwischen Pilz und Schreuder der Sicherheitsexperte mit knapp 60 Prozent Zuspruch - das ist weitaus weniger, als seine Parteikollegen auf den vorderen Rängen bekommen haben. Doch Pilz ist sich seiner polarisierenden Persönlichkeit bewusst: „Wir Grüne sind eine große Familie. Und ich bin vielleicht das schlimmste Kind." Nachsatz: „Aber ein fleißiges Kind." Dann zitiert Pilz einen Rapid-Slogan: „Es ist schön, ein Grüner zu sein."

Grünes Wahlsystem. Eine Stichwahl hat das etwas komplizierte Wahlsystem der Grünen nötig gemacht: Erreicht ein Kandidat nicht über 50 Prozent der Stimmen, wird noch einmal abgestimmt - und zwar über jene Bewerber, die wenigstens gemeinsam 50 Prozent der Stimmen erreicht haben.


Außerdem gilt in der Partei auch eine strenge Frauenquote: Sind mehr männliche als weibliche Kandidaten auf den vorderen Rängen, sind eigene „Frauenplätze" vorgesehen. So der Platz fünf - der sozusagen für Männer verboten ist: Hier setzt sich Umweltsprecherin Christiane Brunner gegen die Neueinsteigerin Sigrid Maurer, ehemals ÖH-Chefin, durch.
Die bewirbt sich dann um Rang sechs - und schafft es zum zweiten Mal in der grünen Geschichte, nach Ulrike Lunacek im Jahr 1995, als Frau einen Platz zu ergattern, der auch für Männer geöffnet war (wobei es Lunacek dann nicht in den Nationalrat schaffte). Ob dies besser sei als der Frauenplatz? „Ja, auf jeden Fall", meint Maurer. „Das freut mich irrsinnig." Immerhin hat sie sich gegen Sozialsprecher Karl Öllinger, Volker Plass, Michel Reimon und den Wiener Georg Bürstmayr durchgesetzt. Platz sieben belegt Europa-Sprecher Bruno Rossmann.

Neues aus Klagenfurt. Und auch Platz acht bringt eine Überraschung: Der 23-jährige Klagenfurter Julian Schmid schafft es auf die Kandidatenliste und schlägt damit ältere Parteikollegen, die immer noch auf einen Platz warten. Damit gibt es doch einige neue Gesichter auf der Liste, wenn auch nur auf den hinteren Rängen.
Wie viele der Kandidaten wirklich in den Nationalrat einziehen könnten, ist schwer vorauszusagen und hängt stark von den Erfolgen in den Ländern ab. Zwischen drei und sieben halten die Grünen für realistisch, 2008 waren es noch fünf. Dabei muss man aber beachten, dass Glawischnig, Kogler und Moser ohnehin einen Fixplatz in ihren Bundesländern haben - die Plätze auf der Bundesliste werden ab Platz vier mit Peter Pilz belegt. Einige Grüne an der Basis haben kritisiert, dass es zu wenig frischen Wind an der Spitze gebe - und die alteingesessenen Grünen zu sehr an ihren Positionen festhalten würden. Glawischnig widerspricht: „Ich habe immerhin zum ersten Mal für den ersten Platz kandidiert." Julian Schmid findet es auch gut, dass die drei vorderen Kandidaten „fette Prozente bekommen haben". Dennoch brauche es frischen Wind - „aber als Ergänzung, nicht als Antiding".


Heute, Sonntag, geht der Bundeskongress weiter. Auf dem Programm stehen die Wiederbestellung Glawischnigs als Bundessprecherin sowie die Wahl von vier Vorstandsmitgliedern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2012)

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