Strassers Ex-Assistentin: "Das fand ich etwas paranoid"

Strassers ExAssistentin fand etwas
Strassers ExAssistentin fand etwas(c) EPA (HELMUT FOHRINGER)
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Live-TickerNachlese: Frühere Mitarbeiterinnen Strassers bestätigen, dass der damalige EU-Parlamentarier sie von seinem Verdacht informiert habe, der Geheimdienst sei hinter ihm her.

Fünf ehemalige Assistentinnen von Ernst Strasser haben am fünften Verhandlungstag im Prozess gegen den Ex-Innenminister und EU-Parlamentarier ausgesagt. Zwei bestätigten dessen Version, er habe einen Geheimdienst hinter den vermeintlichen "Lobbyisten" geortet - Richter und Staatsanwaltschaft orteten Widersprüche. So erklärte die erste Zeugin, Strasser habe ihr gegenüber im Herbst 2010 erstmals den Verdacht geäußert, ins Visier eines Geheimdienstes geraten zu sein. Sein Verhalten sei "etwas paranoid" gewesen. Einmal habe er ihr sogar einen Zettel hingelegt, auf dem stand, "dass wir abgehört werden".

Als Richter Georg Olschak ihr vorhielt, sie habe bei einer Einvernahme im Ermittlungsverfahren angegeben, ihr Ex-Chef habe den Agenten-Verdacht erst nach Auffliegen der Affäre 2011 geäußert, meinte die Zeugin, sie könne sich nicht mehr genau erinnern.

Eine weitere Ex-Mitarbeiterin berichtete, die vermeintliche Lobbying-Agentur "Bergman & Lynch" habe um einen Termin mit Strasser ersucht. Sie habe ihm das weitergeleitet und sich die Homepage der Firma angesehen: "Die war komisch - keine Fotos, keine Namen." Außerdem habe sie für Strasser recherchiert, ob er im EU-Parlament einen Abänderungsantrag bezüglich einer Anlegerschutzrichtlinie einbringen könnte - darum hatten ihn die als Lobbyisten getarnten Journalisten Jonathan Calvert und Claire Newell gebeten. Die Zeugin will Kontakt mit dem Büro von Strassers Fraktionskollegen Othmar Karas und Hella Ranner aufgenommen und erfahren haben, dass die Frist dafür schon abgelaufen war. "Ich habe mir nichts dabei gedacht." Später habe ihr Strasser gesagt, dass das Büro womöglich abgehört werde.

Die übrigen drei Damen, zwei vormalige Assistentinnen des Ex-Politikers und eine frühere Praktikantin, machten Erinnerungslücken geltend. "Das ist alles lange her. Ich weiß nicht", war zu vernehmen.

Als letzter Zeuge wurde der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Peter Gridling, befragt. Er betonte, dass Strasser das BVT erst im April 2011 über seinen Verdacht informierte. Er habe ihn gefragt, ob es einen Zusammenhang mit "Bergman & Lynch" gebe, Strasser habe verneint. Zuvor hatten sich die beiden bereits Ende November 2010 getroffen. Damals sagte Strasser nichts von einem Geheimdienst-Verdacht. Der Ex-Politiker will so gehandelt haben, weil er dem Verfassungsschutz misstraue. Hätte er seinen Verdacht geäußert, ohne Beweise vorbringen zu können, "hätte Gridling mich ausgelacht", betonte Strasser am ersten Prozesstag.

Strasser wird Bestechlichkeit vorgeworfen. Er hatte den als Lobbyisten getarnten britischen Journalisten zugesagt, für 100.000 Euro die EU-Gesetzgebung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Strasser sagt dazu, er habe erkannt, dass ihm die beiden eine Falle stellen wollten und sie als Geheimdienstagenten enttarnen wollen. Bei einer Verurteilung drohen dem Ex-Politiker ein bis zehn Jahre Haft.

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